Rein gar nichts deutet darauf hin, dass man hier richtig ist. Viel mehr liegt der Verdacht nahe, dass man sich verfahren hat. Schließlich soll sie „idyllisch“ liegen, die Ranch von Willi „Ente“ Lippens. Doch hier gibt’s nur eine Bundesstraße und Industrie, irgendwo zwischen Essen und Bottrop. Und tatsächlich. Einmal rechts abgebogen und dann noch mal rechts, schon geht’s durch das Eingangstor, das eine Ente ziert. Zwei Schilder weisen den Weg, dann steht es noch mal ganz groß da: Lippens‘ Ranch 198. In diesen Fachwerkbauten aus dem 16. Jahrhundert residiert der Mann, der vor ein paar Tagen noch im Sportstudio behauptete, dass die Löcher in der Torwand früher kleiner waren.
Seinen Spitznamen verdankt „Ente“ Lippens seinen Plattfüßen und seinem watschelnden Gang. Der Sohn einer deutschen Mutter und eines niederländischen Vaters spielte für Rot-Weiß Essen, Borussia Dortmund und die Dallas Tornados. In 242 Bundesliga-Spielen erzielte er 92 Tore, in 204 Zweitliga-Begegnungen 158 Treffer. Für die Niederlande bestritt Lippens 1971 ein Länderspiel, wurde in der Elftal aber als Deutscher betrachtet und gemieden. Einen Einsatz in der deutschen Nationalmannschaft schloss sein Vater aus: „Er hat mir gesagt, dann bräuchte ich nicht mehr nach Hause kommen“, sagt Willi Lippens. Dass er 1974 nicht für den niederländischen WM-Kader berücksichtigt wurde, kommentierte er mit den folgenden Worten:
Mit mir wäre 1974 Holland und damit nur ein Deutscher Weltmeister geworden.
Willi Lippens
Es sind diese Sprüche und Anekdoten, die aus Lippens eine Bundesliga-Legende machen.
In Anlehnung an eine dieser Begebenheiten bekam die Lippens-Ranch, auf der man übernachten, vor allem aber gut essen kann, ihren Namen. Die Geschichte ist wohl so bekannt wie das Wembley-Tor: Bei einem Regionalliga-Spiel 1965 in Herne konterte Lippens die Aussage des Schiedsrichters „Ich verwarne Ihnen“ mit den Worten „Herr Schiedsrichter, ich danke Sie“. Lippens sah daraufhin die Rote Karte, geblieben sind eines der bekanntesten Fußball-Zitate aller Zeiten und ein Name für das Restaurant. „Ich danke Sie“ heißt es kurz und knapp, „Mitten im Pott“ heißt die Pension.
Keine Fußball-Kneipe
Das Restaurant gehört Lippens‘ Sohn Michael und ist urgemütlich, rund 100 Leute finden hier Platz. Nur wenig erinnert ans runde Leder, ein paar alte Fußballschuhe an der Wand, die „Ich verwarne Ihnen“-Anekdote in der Speisekarte. Nur wer aufs Örtchen muss, wird aufgrund einer Reihe von Bildern an bessere (Essener) Fußballtage denken. Sky läuft nicht auf der Lippens-Ranch, wer hier eine Fußball-Kneipe vermutet, der liegt falsch.
Willi, Deine Frau betrügt uns!
Schiedsrichter Walter Eschweiler während eines Spiels zu Willi Lippens
Der Meister der Zoten ist bei unserem Besuch nicht da, „er guckt ab und an vorbei“, erzählt man uns. Für viele seiner Gäste gehört der Plausch mit „Ente“ Lippens ebenso zum Besuch wie das leckere Essen. So können wir uns auf das Schnitzel, das mit Champignons und Zwiebeln serviert wird, konzentrieren. Jetzt wissen wir, dass wir hier richtig sind.
Anschrift: Gungstraße 198, 46238 Bottrop
Internet: http://www.mitten-im-pott.de
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