Die Schmonzetten der Öffentlich-Rechtlichen tragen immer die gleichen Namen. Irgendwen küsst man nicht, irgendwer kommt selten allein oder irgendwas ist die halbe Miete. Der Plot ist so vorhersehbar wie regelmäßige Abstiege des 1. FC Köln und so hat jedes Drama seinen Ursprung in dem obligatorischen Satz „Es ist nicht das, wonach es aussieht“, der unter Cineasten Kultcharakter genießen dürfte. Der FSV Frankfurt ist frei von solchen klischeebeladenen Verlustängsten und Eifersüchteleien, dem Verein eilt alles andere als der Ruf eines Skandalklubs voraus. Für das Stadion am Bornheimer Hang passt die Floskel „Es ist nicht das, wonach es aussieht“ allerdings wie keine zweite.
„Selten haben sich Architekten so verhauen wie beim Stadionumbau des FSV Frankfurt“, schreibt die 11 Freunde, die Gegentribüne sei „schlicht zu lang“, heißt es dort. In der Tat wirkt es so, als hätte hier jemand grundlos ein paar zusätzliche Meter angebaut – es ist aber nicht das, wonach es aussieht. Was nach Pfusch am Bau riecht, schmeckt nach einem „attraktiven Angebot für Wartende“, wie das Architektenbüro Dierks Blume Nasedy die Idee von den Sitzstufen am Vorplatz beschreibt. Es handelt sich also um eine Art Foyer für die Fans des FSV.
Als der FSV vor der Eintracht stand
Bis zur Fertigstellung der Gegentribüne im Jahr 2009 diente das 1931 erbaute Stadion auch der Leichtathletik. Die Laufbahn fiel dem Umbau zum Opfer, der Bornheimer muss jetzt zum Rennen ins Riederwald-Stadion, das nur einen Kilometer entfernt liegt. In seiner Anfangszeit zählte das Stadion am Bornheimer Hang zu den „schönsten und modernsten Anlagen“ (Das große Buch der deutschen Fußballstadien) der Republik. Zwar schlugen die Bomben des Zweiten Weltkriegs nicht so heftig zu wie im völlig ruinierten Riederwald, die Tribünengebäude und das Spielfeld wurden jedoch ebenfalls zerstört. Im März 1946 konnte der FSV seinen Platz wieder beziehen und war von 1947 bis 1951 die Nummer eins in Frankfurt. Die Menschen honorierten den Höhenflug mit guten Zuschauerzahlen, so dass die Kapazität auf 25 000 angehoben wurde. Im Oktober 1950 sollen das Derby gegen die Eintracht sogar 30 000 Interessierte verfolgt haben. Unter Präsident Dr. Adolf Würz wurde ab 1952 das Stadion generalüberholt und im August 1953 wiedereröffnet. Vier Jahre später kam eine der modernsten Flutlichtanlagen Europas hinzu.
Der Verlust der Erstklassigkeit 1962 und die damit verbundenen finanziellen Probleme hatten zur Folge, dass der FSV das Erbbaurecht und die Flutlichtanlage 1963 an die Stadt verkaufen musste. Der Klub pendelte fortan über Jahrzehnte zwischen der zweiten und dritten Liga und versank irgendwann im Amateurfußball. In der Saison 1990/1991 kam der Verein nicht einmal mehr auf einen Zuschauerschnitt von 500. Nachdem der FSV Frankfurt 1996 kurz vor der Insolvenz stand, gelang es dem Verein, sich in den folgenden Jahren zu konsolidieren. 2007 feierte der FSV den Aufstieg in die Regionalliga Südwest, bereits ein Jahr später gelang der in die 2. Bundesliga. Ungefähr zeitgleich begann der Umbau der (zu lang erscheinenden) Gegentribüne, später erfolgte der Neubau der Haupttribüne, die im November 2012 eingeweiht wurde.
Natürlich war das ein Planungsfehler! Ist doch klar, dass die jetzt in Frankfurt behaupten, dass das gewollt ist.
Ein ehemaliger Bundesligatrainer schließt sich der »11 Freunde«-Meinung an
Die Maßnahmen waren mit permanenten Problemen und politischen Diskussionen verbunden. Ob es das Flutlicht war, das die Fahrer auf der benachbarten A661 blendete oder die Frage, wie und wann der Umbau erfolgen sollte. Letztendlich musste eine Unterschriftenaktion Bewegung in die festgefahrene Situation bringen.
Da hätte es durchaus gepasst, dass man einen Tribünenteil unnötig verlängert und er so zum Kultobjekt wird. Als Planungsfehler wird die Gegengerade auch bei den „99 Orten, die Fußballfans gesehen haben müssen“ vermittelt. Ein User im Forum des FSV verurteilt dies: „Das ist Unsinn und somit auch kein Grund, diesen Ort in ein Top 99-Ranking aufzunehmen.“
Anschrift: Richard-Herrmann-Platz, 60386 Frankfurt am Main
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