Natürlich: Jedem das Seine. Aber bei Strandurlaub bekomme ich die Pimpernellen. In der Sonne grillen wie die Hähnchen in der Broilerbar Ost, dazu Sand, überall Sand, den man wie eine schlechte Angewohnheit nicht mehr loswird, das ist nicht meine Welt. Es gibt daher Reiseziele, die für mich einen größeren Reiz haben als die ostfriesische Insel Juist. Die Insel, von der die Bloggerin Uta Jentjens sagt: „Entweder man liebt Juist – oder man hasst es.“
Vermutlich meint sie die Ruhe, die man auf Juist findet, ob man will oder nicht. Juist ist verträumt, wandelt aber an der Grenze zum Wachkoma. Die Fußballer des TSV Juist, so der Eindruck, kämpfen gegen diesen Dornröschenschlaf an. Sie sind richtige Hans Dampfs in allen Gassen und sorgen regelmäßig für Medienpräsenz.
Hier gehen nicht nur die Uhren, sondern das ganze Leben nach.
Aus »Hans Sarpei – Das T steht für Coach«
Im Oktober 2013 war Hans Sarpei zu Gast auf der Nordseeinsel. In Folge zwei seiner Serie „Hans Sarpei – Das T steht für Coach“ bereitete der ehemalige Schalker den TSV Juist auf das Spiel gegen den TV Osteel vor – leider erfolglos.
Hitzfeld und Funkel kriegen Pewsum II nicht in den Griff
Auch unter Friedhelm Funkel und Ottmar Hitzfeld lief’s nicht viel besser. Tatsächlich der Ottmar Hitzfeld, der mit dem BVB und den Bayern die Champions League gewann. „Gottmar“, wie ihn mein Freund Jonas nennt. Im „Sky Spiel des Lebens“, das 2015 auf der autofreien Insel stattfand, saß Hitzfeld neben dem Rekord-Aufstiegstrainer Funkel auf der Bank des TSV, die beiden konnten eine 0:1-Niederlage gegen den TuS Pewsum II nicht verhindern.
In der „Bild“-Zeitung landete der Neuntligist, als man Bundesligaprofi Ansgar Brinkmann als Teilzeit-Neuzugang gewinnen konnte. Und im Guinness-Buch der Rekorde steht der TSV Juist, weil er an einem Tag drei Spiele absolvierte – eine Folge der Gezeiten und der Fährzeiten, die eine schwierige Planung der Heim- und Auswärtsspiele zur Folge haben.
Aber da nach der Flut die Ebbe kommt, kehrte irgendwann auch wieder der Alltag beim TSV Juist ein. Und der führte dazu, dass der Verein im Herbst 2018 vom Spielbetrieb abgemeldet werden musste. „Uns blieb leider keine andere Wahl. Unsere personelle Situation wurde immer dramatischer“, erklärt Spielertrainer Jens Heistermann der Ostfriesen Zeitung. Dem TSV fällt auf die Füße, was ihn so besonders gemacht hat: Die außergewöhnliche Lage. Spieler verlassen die Insel, um sich beruflich zu verändern, Neuzugänge gibt es so gut wie gar nicht. „Die Zeiten, in denen einige Jungs aus Münster, Osnabrück oder anderswo für die Spiele zur Unterstützung zurückkommen, sind leider vorbei. Die Spieler haben inzwischen selbst alle Familien“, berichtet der Vorsitzende Ingolf Kleinau der Ostfriesen-Zeitung. Selbst an ein „Früher war alles besser“ kann sich in Juist keiner klammern, der TSV nimmt erst seit etwas mehr als zehn Jahren am offiziellen Spielbetrieb teil.
Ich habe schon früher davon geträumt, auf der Insel zu spielen. Auch wenn ich damals an England gedacht habe.
Ansgar Brinkmann in der »Bild«
Der wunderschöne Sportplatz neben der Schule ist auch ohne Kreisklassen-Fußball eine Reise wert. Also ab auf die Insel und mal auf der Trainerbank Platz nehmen, die schon Hitzfeld und Funkel gewärmt haben? Das wird leider nichts, denn das „Spiel des Lebens“ fand in einem mobilen Stadion am Hafen statt, das eigens für die Sky-Veranstaltung geschaffen wurde. Die 1 900 Zuschauer, die das Duell gegen Pewsum II sahen, hätten nicht in den Dünenkessel gepasst.
Brinkmann scharrt schon mit den Hufen
Dafür besteht die Chance, den weißen Brasilianer noch einmal spielen zu sehen: Der Pass von Ansgar Brinkmann liegt noch auf der Insel, in der Vergangenheit kam er auf ein bis zwei Einsätze pro Saison. Der TSV Juist ist bemüht, Brinkmann noch nicht in die Rente zu entlassen: „Ich hoffe, dass wir in der nächsten Saison wieder ein Team stellen können“, sagt Heistermann.
Anschrift: Billstraße 24, 26571 Juist
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