Das Buch Es war einmal ein Stadion adelt die Tribüne im Karlsruher Hochschulstadion als „ein Unikat deutscher Sportbauten“. Eine relative Aussage, denn an gleicher Stelle wird darauf hingewiesen, dass in München „dessen Pendant“ steht.
Als das Karlsruher Hochschulstadion, das heute auch „Altes Stadion“ genannt wird, am 13. Juli 1927 eröffnet wurde, war die Tribüne noch nicht fertiggestellt – ihre Einweihung fand erst im Oktober 1930 statt. Vorausgegangen war das Engagement des Hochschullehrers und Professors für Geologie und Mineralogie, Wilhelm Paulcke, der sich für eine starke Einbindung von Sport ins Studium und damit für eine Sportanlage an der Universität einsetzte. Finanziell war die Unterstützung der Stadt notwendig, ohnehin war „wegen Inflation und prekärer Finanzlage […] an eine schnelle Realisierung freilich nicht zu denken“, wie Dr. Gerhard Kabierske in seinem Text für das südwestdeutsche Archiv für Architektur und Ingenieurbau erklärt. So wurde auch das Dach der Tribüne erst 1934 fertiggestellt.
Die Karlsruher Vereine spielten nicht im Alten Hochschulstadion, sondern an anderen Orten
Auch wenn das Hochschulstadion nie den großen Fußball sah – der Karlsruher FV, Deutscher Meister 1910, spielte auf dem KFV-Platz an der Telegrafenkaserne, die Vorgängervereine des KSC, der VfB Mühlburg (Stadion Honselstraße) und Karlsruher FC Phönix (Wildpark), liefen an anderen Orten auf –, gab es zur Eröffnung des Hochschulstadions auch ein Fußballspiel.
Verschiedene Leichtathletik-Veranstaltungen lockten dagegen mehrere tausend Menschen an den Paulckeplatz, darunter der Länderkampf zwischen Deutschland und der Schweiz (1937, vor 8 000 Zuschauerinnen und Zuschauern) sowie das Sportfest des Karlsruher FV im Jahr 1953 mit 10 000 Besucherinnen und Besuchern. Politische Veranstaltungen während des Nationalsozialismus zogen bis zu 30 000 Menschen an. Das Hochschulstadion war „die größte Versammlungsstätte Karlsruhes für politische Kundgebungen“ in jener Zeit, wie das Buch Es war einmal ein Stadion schreibt.
Da passt es ins Bild, dass der Architekt der Tribüne Mitglied der NSDAP und der SS war: Professor Dr. Hermann Reinhard Alker hatte ein hochschulinternes Preisausschreiben gewonnen, das 1924 unter Karlsruher Architekten ausgeschrieben worden war. In den Dreißigerjahren sollte Alker sogar „Stadtbaurat mit besonderen Aufgaben“ in München werden, der Stadt, die „wie keine andere deutsche Stadt mit der Frühgeschichte und dem Aufstieg der NSDAP verbunden“ war (NS-Dokumentationszentrum München). Ein Zeitungsinterview, in welchem er „Hitlers Bauplänen vorgegriffen hatte“ (Es war einmal ein Stadion), sorgte dafür, dass er aus der Partei ausgeschlossen wurde und sein steiler beruflicher Aufstieg jäh gestoppt wurde.
Die Tribüne im Dantestadion ähnelt des Hochschulstadions, es gibt aber einen entscheidenden Unterschied
Dass ausgerechnet in München eine nahezu identisch aussehende Tribüne steht, hat mit Alker nichts zu tun. Zwischen den beiden Bauwerken gibt es einen markanten Unterschied: Der 1928 fertiggestellte Bau in München verwendet Dachstützen, der in Karlsruhe nicht. Darüber hinaus beherbergt die Münchner Tribüne auch keine Sporthalle, so wie es in Karlsruhe der Fall ist.
Die Räumlichkeiten unter der Tribüne finden heute noch Verwendung, insbesondere für studentische Veranstaltungen. Darüber hinaus hat der Arbeitskreis Kultur und Kommunikation der AStA seinen Sitz an dieser Stelle. Auf der Tribüne, auf der bis zu 800 Menschen Platz finden, treffen sich Studierende, verbringen dort die Zeit zwischen den Vorlesungen oder genießen das Leben auf dem Campus.
In der Gymnastikhalle herrscht durch den dichten Rhythmus der spitzbogigen Stahlbetonrahmen eine expressive, beinahe sakrale Atmosphäre
Bernhard J. Lattner in Stille Zeitzeugen, 900 Jahre Karlsruher Architektur
Dabei wären die Ränge in den Siebzigerjahren beinahe abgerissen worden und wurden erst kurz vor Toreschluss unter Denkmalschutz gestellt. Die aufgeschütteten Wälle des Stadions wurden bereits ein Jahrzehnt zuvor entfernt, da es an der Universität zunehmend enger und der Bedarf an Neubauten immer größer wurde.
Anschrift: Altes Hochschulstadion, Engesserstraße 17, 76131 Karlsruhe
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