Der Weg zum Wildparkstadion, Karlsruhe

„Sobald ich selber laufen konnte, die Strecke vom Elternhaus zum Westfaliastadion“, berichtet der Schauspieler Joachim Krol im Film Warum halb vier?, „hat mein Vater mich mitgenommen. Die Leute hatten keine Autos, man ging zu Fuß wohin und wenn wir gestartet sind in Elpeshof, dann waren es vielleicht zwei, drei, der Bürgersteig wurde immer voller und vor dem Stadion waren es dann Hunderte und Tausende. Das war für einen kleinen Jungen ein tolles Gefühl das ich wusste: Da gehöre ich dazu.“

More than a feeling

Der Weg zum Stadion hat seine eigene Magie. Aus diesem Grund nahm die „11 Freunde“-Redaktion die Bielefelder „Alm“ in ihre Liste auf und mancherorts ist der Gang zum Fußballplatz wie der über den roten Teppich. Der erste Geruch von Bratwurst und das Entdecken der – sofern noch vorhanden – Flutlichtmasten zwischen Bäumen oder Häusern kommt dem Kribbeln gleich, das man fühlt, wenn man das erste Mal verliebt ist. Wer darauf verzichten kann und direkt mit dem Auto in die Tiefgarage des Stadions fährt, der braucht keine Liebe. Der kommt auch mit Prostitution durchs Leben.

Als besonders schöner Weg wird in der Liste der „99 Orte, die Fußballfans gesehen haben müssen“ der in Karlsruhe angepriesen. Der KSC tritt heute auswärts an, dadurch fehlt das gewisse Flair, aber wir haben die Möglichkeit, uns auf die gerühmte Schönheit des Weges zu konzentrieren. Wir starten originalgetreu am Bahnhof, so, als würden wir zum Auswärtsspiel anreisen.

Es wäre ein Leichtes, jetzt durch den direkt gegenüber dem Bahnhof gelegenen Zoologischen Garten zu schlendern und sich den ersten Teil der Strecke mit Europas modernster Eisbärenanlage zu versüßen. Aber wie realistisch ist das? Fast einen Zehner extra hinzulegen, um zusammen mit anderen Fans an der Kasse zu stehen, damit man 15 000 Rosen und ein paar Flamingos sieht?

Der Weg führt also an den Mauern des Tiergartens die Ettlinger Straße entlang, passiert die Gartenhalle und landet wenig später beim Ettlinger-Tor-Platz und imposanten Gebäuden wie dem Regierungspräsidium Karlsruhe. Was den Gesamteindruck erheblich trübt: Der gesamte Weg gleicht dem Potsdamer Platz zur Prime-Time der Neunzigerjahre: Ganz Karlsruhe ist eine Baustelle. Daran ändert sich auch auf dem Marktplatz nichts.

Keine Stadtschönheiten auf dem Schlossplatz

Dass die Kultkneipe „Titanic“ (die wir durch einen Abstecher über die Kronenstraße erreichen) geschlossen hat (und das mittlerweile dauerhaft), passt ins Bild. Und am Schloss – klar – steht auch ein Gerüst. Die von „11 Freunde“ versprochenen Stadtschönheiten sind auf dem Schlossplatz nicht zu erspähen, dafür ist es vielleicht auch noch zu früh im Jahr. Für Entschädigung müssen also die letzten zwei der insgesamt knapp vier Kilometer sorgen. Und das tun sie voll und ganz.

Vom Schloss geht es über die Lärchenallee zum Stadion, das man über den Adenauerring erreicht. Die seit Jahren andauernde Debatte über den Neubau des Wildparkstadions war auch noch nicht beendet, als dieser Bericht geschrieben wurde, aber eigentlich ist das auch egal, solange der Weg zum Stadion derselbe bleibt.

Anschrift: Hauptbahnhof Karlsruhe, Bahnhofplatz 1a, 76137 Karlsruhe (Startpunkt) | Wildparkstadion, Adenauerring 17, 76131 Karlsruhe (Ziel), Gesamtstrecke ca. 4 km bei 50 Minuten

Internet: https://www.ksc.de/stadion/stadion/stadionplan-daten-und-fakten/

Link-Tipp:

Der aktuelle Stand des Stadionneubaus ist hier aufrufbar: https://www.karlsruhe.de/b3/bauen/projekte/stadion.de

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