Der Gelsenkirchener benötigte 2011 kein Vereinsjubiläum, um die „Schalker Meile“ zu eröffnen. 107 Jahre nach den ersten Schritten als Westfalia Schalke waren es die Schalke Supporters, die 800 Meter Identifikation an der sonst so (euphemistisch formuliert) trostlosen Kurt-Schumacher-Straße festigten und ihre Idee umsetzten, die während der WM 2006 geboren wurde.
Die „Meile der Traditionen“, so lautet der Zusatz, erstreckt sich von der Berliner Brücke bis zur Kampfbahn Glückauf. Unmittelbar vor dem Stadion, am Ernst-Kuzorra-Platz, kann man das Auto abstellen und den Marsch beginnen. Für trinkfeste Fans könnte der nach nur wenigen Metern bereits wieder enden. Im Vereinslokal „Bosch“, das unmittelbar neben dem Haupteingang der Glück-Auf-Kampfbahn zu finden ist, genehmigte sich schon Ernst Kuzorra sein Pilsken.
Bis ins hohe Alter genoss er vor allem drei Dinge: Pils, Korn und Zigarre.
Der Fußballreiseführer »Schalke erleben« über Ernst Kuzorra
Eine Plakette erinnert an den Stammplatz der Vereinslegende. Etwas weiter die Straße hoch befindet sich der Tabakwarenladen, in dem erst Kuzorra und später Stan Libuda hinter der Theke standen und der heute als „Anlaufstelle“ dient. Das sagt Olivier Kruschinski, der im Vorstand der Schalke Supporters sitzt. In einem Interview mit dem Schalke Podcast Blauer Salon spricht Kruschinski darüber, dass die Schalker Meile auch nach der Aufwertung „nicht der schönste Ort der Welt“ sei, „aber damit werben wir auch nicht“. Es geht den Schalke Supporters darum, einen authentischen Ort zu schaffen, den Kruschinski „Malocherschalke“ nennt und der nun einmal laut und dreckig sei. Mit einer von Kruschinskis Touren, die über mythos1904.de zu buchen sind, lässt sich der wohl berühmteste Ortsteil der Welt am besten erleben.
Geht man selbst auf Entdeckungstour, begegnen einem auf dem Weg in Richtung Berliner Brücke verschiedene Schalker Fanclubs, die auf der Schalker Meile ein Domizil gefunden haben. Das in Deutschland auflagenstärkste Fanzine „Schalke unser“ wird hier seit über 20 Jahren gedruckt, die Fahrschule am Ort heißt „Blauweisse Fahrschule“ und hat mit einer normalen nichts gemein. Selbst die traditionell rot geprägte Sparkasse findet ihre blauen Farben nicht nur in den Hemden der Mitarbeiter.
Plätze für Schalker Legenden gesucht
Das Team der Schalker Meile erarbeitet permanent Ideen, um die Kurt-Schumacher-Straße weiter aufzupeppen. Der Gehweg der Legenden zum Beispiel, auf dem prägende Gesichter des Vereins ihren Platz finden. Wurde anfangs noch nach finanziellen Unterstützern Ausschau gehalten, hat sich der Fokus rund zwanzig Platten später verändert: Freie Ecken werden von Olivier Kruschinski und seinen Mitstreitern gesucht, „was fehlt sind die Fassadenplätze“, erklärt er dem Stadtspiegel. Manchmal wird die Schalker Meile aber auch durch ihr eigenes Schicksal aufgewertet. Um die Feinstaubbelastung zu reduzieren, wurden im Gleisbett zwischen der Berliner Brücke und dem Ernst-Kuzorra-Platz 2 500 Quadratmeter Rollrasen verlegt. Denn aller Bemühungen zum Trotz ist die Schalker Meile eine vielbefahrene Straße mit Häusern und Geschäften, die immer noch leer stehen.
Dass das Engagement der Schalke Supporters zu gewissen Teilen von der Stadt Gelsenkirchen gefördert wird, hat gute Gründe. Die Ideen Olivier Kruschinskis sind keine Hirngespinste, sondern viel mehr ein Versuch, einer Stadt, die in den letzten sechzig Jahren einen Bevölkerungsschwund von rund 140 000 Menschen verkraften musste, einen Impuls einzuimpfen. Kruschinski nennt es „Arbeit für Schalke in Schalke“ und bringt es auf den Punkt: „Letzten Endes geht es immer wieder um die Menschen“.
Anschrift: Ernst-Kuzorra-Platz, 45881 Gelsenkirchen
Internet: http://www.supportersclub.de/aktionen/schalker-meile | https://www.mythos1904.de (Mythos-Touren)
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