Lovers Lane, Mönchengladbach

Wenn Grönemeyer über Bochum singt „Du bist keine Schönheit“, dann will man nicht wissen, welche Worte er für Mönchengladbach gewählt hätte. Neben dem 25 Minuten entfernten Krefeld ist Mönchengladbach sicherlich ein Perlenimitat, aber selbst das ist nicht einmal ein Wettbewerb zwischen Einäugigen und Blinden. Wer den Befangenheitsantrag gerade aus der Schublade zieht (schließlich schlägt mein Herz für den Rivalen aus Köln), der sollte selbstkritisch hinterfragen, ob die folgenden Worte einer Arnsberger Bordellbesitzerin nicht auch auf den obigen Sachverhalt zutreffen: „Erzähl nicht, dass es Paris bei Nacht gibt, wenn es nur Castrop-Rauxel ist, was geliefert wird.“

Was sich ohne Zweifel komfortabel darstellt, ist die Kneipen- und Feiermeile der pulsierenden Niederrhein-Metropole. Unweit des Alten Markts bietet eine abfallende Straße zig Möglichkeiten, um feiern zu gehen. Das Verdienst eines Mannes, der zu den größten Söhnen der Stadt zählt.

Günter Netzer war nicht der einzige Bundesligaspieler mit einer Diskothek. Auch der frühere Nationaltorhüter Manfred Manglitz führte eine Disco.

„Plötzlich schossen die Clubs wie Pilze aus dem Boden. Die Leute kamen sogar aus Düsseldorf und Köln“, schreibt die Rheinische Post über die Gründerzeit der Mönchengladbacher Kneipenszene. Günter Netzer hatte den Stein ins Rollen gebracht, als er die Disco „Lovers’ Lane“ eröffnete und Prominente wie Udo Jürgens, Franz Beckenbauer oder sogar Weltmeistertrainer Sepp Herberger in die Waldhausener Straße 55 lockte – im Übrigen nur wenige Meter von seinem Geburtshaus entfernt (Gasthausstraße 31).

Kein Spaß, sondern finanziell notwendig

„Sie glauben doch nicht, dass ich die Lovers’ Lane aus Spaß betrieben habe! Das war eine finanzielle Notwendigkeit. Mein Verein Borussia Mönchengladbach hatte damals ein Stadion mit nur 2600 Sitzplätzen. Der Verein konnte uns nicht viel bezahlen“, erläuterte Netzer in einem Interview mit Die Zeit den Schritt in die Tanzlokalbranche, den sein Trainer Hennes Weisweiler indigniert mit dem Kommentar „Das ist das Ende“ zu beurteilen wusste.

Netzer musste Berichte dementieren, wonach er die italienischen Barkeeper seiner Discothek »Lovers Lane« entlassen und seinen Ferrari verkauft habe.

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Den Anfang machten Netzer und seine damalige Freundin Hannelore Girrulat im April 1971, indem sie einen ehemaligen Friseurladen komplett in Schwarz hüllten. Es galt ein Dresscode, durch eine Klappe auf Augenhöhe sah sich Portier Rainer Mumbauer die Gäste genau an, bevor er sie in die Lovers’ Lane ließ. Der Trick, Netzers Ferrari als „Lockvogel“ vor den Club zu stellen, war da schon längst nicht mehr nötig: „Kaum öffneten sich die Türen, traten sich die Leute schon auf die Füße“, schreibt die Rheinische Post über den Laden, der nicht mehr als 60 Leuten Platz bot.

Für den guten Ruf sorgte zudem Barkeeper Picco Corazzini, der „für sechs bis acht Mark die besten Drinks weit und breit mixte“, DJs gab es noch nicht, „wer als nächster am Regal stand, legte eine Platte auf – oder es lief ein Tonband mit Musik“ (Rheinische Post).

Mit Netzer ging die Exklusivität

Als Netzer, der auch das Restaurant „La Lacque“ betrieb und sich im Taxigewerbe versuchte, im Sommer 1973 für eine Million DM nach Madrid wechselte, wurden die Warteschlangen kürzer und die Gäste weniger prominent. Der Club lebte bis dahin davon, dass Günter Netzer anwesend war oder der Verdacht bestand, dass er anwesend sein könnte. 1980 wurde aus der Lovers’ Lane der „Sunrise Club“ mit New Wave, Alternative und Grunge, 1988 war auch damit Schluss. Weitere Betreiber versuchten ihr Glück, zu langen Warteschlangen und prominenten Gästen hat es aber nie mehr gereicht.

Anschrift: Waldhausener Str 55, 41061 Mönchengladbach

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