Ein bisschen Wehmut schwingt mit, wenn man sich im Internet auf die Suche nach der ersten Doppelpass-Sendung begibt und bei YouTube fündig wird. Rudi Brückner moderierte den Stammtisch, Udo Lattek weilte noch unter uns und als Gäste waren Journalisten der führenden Sportredaktionen geladen.
Mit der Verklärung der guten, alten Zeit oder dem Amtsantritt von Jörg Wontorra ging es steil bergab. Die Sendung steht immer häufiger im Verdacht, mehr Doppelkorn als Doppelpass zu sein und der Besuch von „Experten“ wie Matze Knop, Oliver Pocher oder Johannes Baptiste Kerner trägt nicht gerade dazu bei, dass man Seriosität versprüht. Dass Erfinder und Wontorra-Vorgänger Rudi Brückner die Sendung verlassen musste, weil er „in einem Sport-Sender zwischen Titten und Call-in-Shows nicht nach dem Sport suchen wollte“ und letztendlich „am kürzeren Hebel saß“, passt ganz gut ins Bild. Apropos Bild: Da die Sendung mit der „Bild“-Zeitung kooperiert, sitzt immer ein Journalist des Axel-Springer-Verlags in der Runde.
Basler, Wieschemann, Assauer – alles Klassiker
Zahlreiche Klassiker hat der Doppelpass in den fast zwanzig Jahren hervorgebracht: Mario Baslers „Pizzeria-Affäre“ mit dem dezenten Hinweis, dem Polizisten ein paar Freikarten versprochen zu haben. Robert Wieschemanns Aussetzer mit dem „Defizit an Durchblick“. Oder Rudi Assauers Mittelfinger an der Stirn – Relikte längst vergangener Tage.
Was seit dem ersten Ausstrahlen der Sendung seit September 1995 gleich geblieben ist, ist der Haupt-Standort der Sendung: Das Kempinski Airport-Hotel in München (das seit 2015 zur Hilton-Gruppe gehört). Erst ein Jahr vor der Jungfernfahrt des Doppelpass wurde das Hotel, das mitten im Münchner Flughafen steht, eröffnet. Ein Standard-Zimmer in dem Fünf-Sterne-Hotel kostet 165 Euro, wer es etwas nobler möchte, kann eine der 46 Suiten buchen. Es gibt ein Fitness-Studio, einen gut ausgestatteten Wellness-Bereich, zwei Bars sowie ein Restaurant.
Jörg Wontorra moderierte den Doppelpass bis zum 31. Mai 2015.
Architekt des Stahl- und Glasbaus war Helmut Jahn, der unter anderem auch den Messeturm in Frankfurt und das Sony-Center in Berlin konzipierte. Zum Flughafen passend setzte Jahn das Hotel aus zwei Gebäudeflügeln zusammen, deren Grundflächen jeweils 21 mal 114 Meter einnehmen. Die Atriumhalle, die diese beiden Flügel trennt, ist 1 400 Quadratmeter groß und 24 Meter hoch. Unter ihrem Glasdach findet der Doppelpass jeden Sonntag von 11 bis 13 Uhr statt.
Dass die Sendung trotz aller Qualitätsdefizite – oder gerade deshalb – Kultstatus genießt, belegen die immensen Kartenwünsche. Bei meinem Besuch im Dezember und der Anfrage im Oktober sind bis zum Saisonende keine Tickets für den Stammtisch zu bekommen – bei überfüllten Wartelisten.
John Munich ist neben seiner Tätigkeit als DJ auch Schauspieler und wirkte unter anderem in dem Film »Sunshine Reggae auf Ibiza« mit. Mittlerweile legt er nicht mehr beim Doppelpass auf.
Für ein paar Fotos um acht Uhr morgens fahre ich dennoch vor die nördlichen Tore Münchens ins Erdinger Moos. In einer S-Bahn, in der es keinen Menschen ohne Koffer gibt, mitten durch die Vorstadt-Pampa. Erst am Flughafen und später im Foyer des Kempinski-Hotels angekommen geht mir das Herz auf, als ich die roten Sessel sehe und das Pult, an dem nachher der coole John Munich – übrigens der Sohn von Udo Jürgens – die Musik zur Sendung auflegen wird. Der DJ hat 2010 das Trio la Haze abgelöst. Sie fehlen der Sendung wie Udo Lattek und Rudi Brückner.
Ob der den Doppelpass noch verfolgt? „Im ersten halben Jahr gar nicht, das habe ich nicht ertragen. Heute schau ich ab und zu rein. Aber dann gehe ich lieber wieder meine Hühner füttern.“
Anschrift: Terminalstraße Mitte 20, 85356 München
Internet: http://www.hiltonhotels.de/deutschland/hilton-munich-airport
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