Dantestadion, München

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Dantestadion in München

Das, was ich hier sehe, hat nicht viel mit dem zu tun, was Anfang des Jahres beim Super Bowl im Fernsehen gezeigt wird. Zugegeben, ich habe von American Football keine Ahnung, aber es fällt mir nicht schwer, den Blick vom Spielfeld zu lassen und mich auf die Sache zu konzentrieren, für die ich in den Münchner Stadtteil Gern gefahren bin; und das Spiel zwischen den Munich Cowboys und den Allgäu Comets ist definitiv nicht der Grund.

Lange Zeit war American Football der einzige Sport, der die Menschen ins Städtische Stadion an der Dantestraße lockte. 17 Jahre lang bekam das 1928 erbaute Juwel keinen Fußball zu sehen, erst als Türkgücü München im August 2024 einzog, kam das runde Leder zurück – und mit ihm Scharen von Groundhoppern. So viele, dass die „11FREUNDE“ dem Dantestadion ein Dreivierteljahr später einen eigenen Artikel widmete.

Einzigartig und auch nicht: Die Tribüne im Dantestadion

Das „Dante“ wurde am 16. Dezember 1925 behördlich genehmigt und am 2. Juni 1928 unter dem Namen „Bezirksstadion beim Dantebad“ mit einem Schulsportfest eröffnet, wie „Das große Buch der deutschen Fußballstadien“ erklärt und u. a. von 270 neu gepflanzten Linden und Kastanien, einer 400-Meter-Aschenbahn, einem Gymnastiksaal sowie 2 000 Standplätzen für Fahrräder berichtet. Folgerichtig sekundierte der Bayrische Kurier: „Man ist bei der ganzen Anlage mit einer bemerkenswerten Großzügigkeit vorgegangen, der man die berüchtigte ‚Not der Zeit‘ nicht anmerkt.“

Einzigartig und identitätsstiftend ist aber der opulente Tribünenbau, der straßenseitig mit der Aufschrift „Der Münchner Jugend“ versehen ist. 60 Meter lang und 16 Meter breit, trapezförmig und mit „eleganten Treppenaufgängen“ (Das große Buch der deutschen Fußballstadien) versehen. Doch einzigartig ist er nicht, denn in Karlsruhe steht auf dem Campus des Karlsruher Instituts für Technologie ein Äquivalent, das sich dadurch unterscheidet, dass es keine Dachstützen verwendet. Von den 32 000 Menschen, die bei der Eröffnung ins Dantestadion gepasst hätten, fanden 1 000 Platz auf der Tribüne; heute ist das gesamte Stadion nur noch für knapp unter 5 000 Zuschauerinnen und Zuschauer zugelassen. Der Besucherrekord stammt aus dem Jahr 1957, als 17 000 Menschen dem Frauenfußball-Länderspiel zwischen West-Deutschland und West-Holland beiwohnten, dem zweiten Frauenfußball-Länderspiel Deutschlands überhaupt. Deutlich mehr, nämlich bis zu 50 000, hätten an Aufmärschen der Hitler-Jugend teilnehmen können, wie „Das große Buch der deutschen Fußballstadien“ weiß.

Das Stadion wurde zu einer Art Wallfahrtsort, den man unbedingt gesehen haben sollte in seinem Leben.

11FREUNDE #281

Nach dem Krieg nutzte die US-Armee das Dantestadion für Football- und Baseball-Spiele. Als die Amerikaner im Oktober 1953 auszogen (um einen Platz an der Säbener Straße zu beziehen), wurde das Stadion renoviert, was aufgrund einer verwilderten Spielfläche und einer heruntergekommenen Tribüne nötig geworden war. 1970 wurde eine neue Leichtathletikanlage errichtet, damit das Stadion im Rahmen der Olympischen Spiele als Trainingsort genutzt werden konnte.

Der FC Wacker München lief von 1963 bis 1972 im Dantestadion auf, davon zwei Spielzeiten in der damals zweithöchsten Spielklasse, der Regionalliga Süd. Zwischen dem Verein und dem seinerzeit zweitgrößten Stadion Münchens – vor dem Bau des Olympiastadions war das Dantestadion als Münchner Großstadion gedacht, nur das Städtische Stadion an der Grünwalder Straße fasste mehr Besucherinnen und Besucher – wollte nie eine echte Liebe entflammen. „Man fragt sich“, so Das große Buch der deutschen Fußballstadien, „warum der Sendlinger Anhang des Süd-Regionalligisten FC Wacker […] diese Spielstätte nicht so recht annahm“.

Einmal im Leben ins Dantestadion

Umso größer war der Hype, als Türkgücü in der vergangenen Spielzeit mehrere Partien im Dantestadion austrug. Die Groundhopper strömten zuhauf in die denkmalgeschützte Anlage, weil dort die „Sehnsucht vieler Fußballfans von alten Gefühlen und dem Authentischen“ gestillt wurde, weil die modernen Arenen „alle gleich scheiße“ sind und weil es sich um eine „Once-In-A-Lifetime-Chance“ handelte (11FREUNDE).

Und die Hopper sollten recht behalten. Türkgücü konnte die Klasse nicht halten wird nach seinem Abstieg aus der Regionalliga wieder aus dem Dantestadion ausziehen, mit Leichtathletik und dem Schulsport, so die Stadt, sei das Stadion zu sehr ausgelastet. Und eben mit American Football.

Anschrift: Dantestadion (Städtische Stadion an der Dantestraße), Dantestraße 14, 80637 München

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