Darkside Boutique Hustler, Hamburg

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Darkside Boutique Hustler Hamburg

Mein Kumpel Eros – er heißt zwar nicht Eros, aber für diese Geschichte passt das ganz gut – hat in seinem Wohnzimmer eine Schaukel hängen. Eros sagt, dass die Schaukel für seine Kinder sei, was ich ihm aber nicht glaube, schließlich stehen das Trampolin, der Hühnerstall und die ganzen anderen Sachen für die Kinder auch draußen im Garten. Und auch wenn Eros das vehement abstreitet, so glaube ich, dass diese so absturzsicher in die Decke gedübelte Schaukel eine Erwachsenenschaukel ist, die erst dann reüssiert, wenn man sie barfuß bis zum Hals betritt.

An Eros und seine Schaukel muss ich denken, als ich in der Darkside Boutique Hustler stehe und nach ihrem Inhaber frage, dem früheren Torhüter des FC St. Pauli, Benedikt Pliquett. Pliquett hütete das Tor, als der Kiezklub im Februar 2011 mit 1:0 beim HSV gewann. Der damalige Trainer des FC St. Pauli, Holger Stanislawski, betreibt heute in Hamburg einen REWE-Markt und verkauft Ananas, ob in Stücken, extra sweet oder als Fanta. Zwanzig Autominuten entfernt führt sein ehemaliger Torhüter einen Sex-Shop und versucht es mit Analstöpseln, ob zum Aufpumpen, mit Stoßfunktion oder Größenvariabel im Viererset.

Darkside Boutique: Junggesellenabschiede und Prostituierte

Die Nachfrage bestimmt das Angebot, das ist in einem REWE-Markt nicht anders als in einem Sex-Shop. Justiert wird es in der Darkside Boutique Hustler von Menschen, „die wirklich alles das ausleben, was man sich so vorstellen kann“, wie Pliquett in einem 11FREUNDE-Interview erzählt. Für viele sorgt das für Erheiterung: „Wir haben hier jede Menge Junggesellenabschiede, die stehen vor den Regalen und lachen“, sagt mir die Verkäuferin im Erdgeschoss des Sex-Shops, „aber kaufen tun sie nichts“. Andere decken sich hier ein, damit sie ihrem Beruf nachgehen können: „Wir verkaufen viel an die gewerblichen Damen hier auf St. Pauli“, wie Pliquett dem Videoportal AusHerzSpiel erklärt.

In welchen Zustand mich das versetzt, was ich hier sehe, kann ich noch nicht abschließend einordnen: Penisnachbildungen (farbenfroh, zum Umschnallen oder in Dimensionen, deren Proportionen unmöglich auf menschliches Ausmaß zurückzuführen sein können), Filme (eigentlich unverfänglicher Titel, aber vielsagendes Foto: „Oma kommt zu Besuch“) oder Schuhe mit Absätzen, die in jedem Haushalt den Klapptritt mühelos ersetzen könnten. „Außergewöhnliche Kleidung und Vielfalt sind dort Standard“, schreibt ein Rezensent mit dem vielsagenden Spitznamen „Bürste“ auf Google. Ich wünschte, ich könnte das alles dokumentieren und Bilder machen, um Licht in die Darkside bringen – darf ich aber nicht, denn Fotos sind hier nicht erlaubt.   

„Ich hab ja nie richtig was gelernt“

Benedikt Pliquett

Nachdem er nach seiner Profilaufbahn kurzzeitig auf Mallorca im Immobiliengeschäft tätig war, kam Benedikt Pliquett durch seinen Freund Kolja Koch in den stationären Sex-Einzelhandel. Der Einstieg fiel ihm aufgrund seiner eigenen Vorlieben nicht schwer: „Das mit der Sexualität lag an dem frühen Internetanschluss, den wir Zuhause hatten“, sagt er im obengenannten 11FREUNDE-Interview. Ein anderer Freund und Mitspieler, der heutige TV-Kommentator Ralph Gunesch, sei laut MOPO dagegen „ein steter Kunde“ in der Darkside Boutique gewesen.

Ich bin inzwischen ein Stockwerk höher angekommen, dort kann man mir angeblich einen Kontakt zu Benedikt Pliquett vermitteln. Auf dieser Etage findet man die „extravaganteren Sachen“, wie Pliquett in AusHerzSpiel berichtet, „wir sind da sehr breit aufgestellt“. Ich sehe hier oben insbesondere die von „Bürste“ angekündigten Klamotten, die meisten aus Lack oder Leder. In einer Vitrine liegt ein 149 Euro teures Gerät, das aussieht wie eine Mausefalle für einen Pferdekopf. Und dann stehen im Regal vor mir noch die „Barry Bite E-Stam Nipple Clams“. Für mich völlig ausgeschlossen, dass ich mir so Dinger an die Zitzen klemme und dann auch noch Strom durchjage. Für Sandy dagegen nicht: „Nachdem wir uns durch das halbe Sortiment durchprobiert haben und nach guten 2,5 Stunden fündig geworden sind, haben wir glücklich den Laden verlassen“, berichtet die Kundin auf Google.

Kein Glück – auch nicht im La Cova

Ich kann das leider nicht behaupten. Weder habe ich 2,5 Stunden das halbe Sortiment durchprobiert noch bin ich in der Darkside Boutique glücklich geworden. Dafür hätte ich mit Pliquett sprechen müssen, aber der genießt gerade seinen Urlaub, wie wir die freundliche Verkäuferin erzählt. Dazu sei die Wahrscheinlichkeit, ihn hier anzutreffen, eher gering. Sein Kerngeschäft liege inzwischen vielmehr in der Organisation des Sex-Clubs „La Cova“, einem Etablissement, das früher ein Porno-Kino gewesen sei und das sich direkt um die Ecke befinde. Über eine Anmeldung im „La Cova“ solle ich versuchen, Kontakt mit Pliquett aufzunehmen. Was zwischen den Zeilen mitschwingt: „Der meldet sich auf gar keinen Fall bei dir“. Und das hat er auch bis heute nicht getan.

Am Ende möchte ich meinem Freund Eros etwas mitbringen, ganz vorne im Laden gibt es dafür ein ganzes Souvenirregal. Eine riesige Plüschmütze mit einem gewaltigen Penis auf dem Schild sieht mich an. Ich analysiere die Situation und stelle mir die Frage, ob die Schaukel in seinem Wohnzimmer vielleicht nicht doch die seiner Kinder ist – und bin dankbar, dass mir dieser Geistesblitz nicht erst zuhause in den Kopf schießt. Dann lege ich die Mütze wieder hin.

Anschrift: Darkside Boutique Hustler, Reeperbahn 152, 20359 Hamburg

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