Die Magie rostiger Torpfosten war das Erfolgsgeheimnis der Seite Fussball-Landschaft.de. Um die 500 grüne Wiesen mit zwei Toren waren hier wohl angeordnet und bildlich dokumentiert. Als einer der schönsten Plätze war die Jahn-Kampfbahn registriert, auch wenn das Stadion im Solinger Stadtteil Wald weder bei den Top-Sehenswürdigkeiten der „11 Freunde“ noch in der deutschen Fußball-Route NRW auftaucht.
Uwe Seeler und Günter Netzer kickten im Walder-Stadion, der „Boss“ Helmut Rahn tat es ihnen gleich und Toni Turek stand hier wie Fritz Herkenrath zwischen den Pfosten. Zugegeben, es sind eher die älteren Semester der Fußball-Prominenz, die in der Hall of Fame des Stadions zu finden sind; damit wird aber auch deutlich, dass der Platz schon einige Jahre auf dem Buckel hat.
Die Jahn-Kampfbahn diente 2015 als Drehort für einen RTL-Film über Puma und Adidas. Das Walder-Stadion war dabei die Kulisse für das Wunder von Bern.
In den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts wurde das „Wauler Stadion“ (wie es im Dialekt heißt) erbaut und nach Turnvater Jahn benannt. Die Vorliebe für den expressionistischen Stil findet sich noch in den Kassenhäuschen und der Herberge des Platzwarts wieder, die seit 2001 von einer gestifteten Uhr geziert wird. Sie könnten auch den Empfangsbereich einer Parkanlage darstellen, denn durch die vielen Bäume und die steinigen Stehränge (die 6 000 Zuschauern Platz bieten) sieht’s hier aus wie in einer städtischen Grünanlage.
Nur die Laufbahn, die Rugbytore und die in den Siebzigerjahren errichtete Haupttribüne (komplett überdacht, 600 Zuschauer fassend) scheinen sich verirrt zu haben. Durch das riesige Ehrenmal für die Gefangenen des Ersten Weltkriegs hinter einem der beiden Tore könnte man auch meinen, man besucht hier die Ruhestätte der Großeltern.
Solingens meistgenutztes Denkmal
Zur Ruhe kommt das Walder-Stadion allerdings nicht. Als „das meistgenutzte Denkmal Solingens“ wird es bezeichnet, seit 1994 steht es komplett unter Denkmalschutz, 1997 wurde es für 1,5 Millionen Mark saniert. Hier wird wöchentliches Laufen unter Flutlicht angeboten, aber auch Open Air-Konzerte mit den „Höhnern“ oder den „Bläck Fööss“ fanden hier schon statt.
Wer in der Jahn-Kampfbahn Fußball sehen möchte, der muss sich allerdings mit Schul- und Jugendturnieren begnügen oder darauf hoffen, dass mal ein kleinerer Verein für ein großes Spiel ausweicht.
Zuschauerrekorde (wie beim Entscheidungsspiel um den Abstieg aus der Oberliga West zwischen Dellbrück und Vohwinkel vor 22 000 Besuchern) wird das Stadion nicht mehr erleben. Durch den engagierten Förderverein braucht man solche Partien auch nicht, um sich das Schmuckkästchen anzusehen. Hier wurde nicht nur Geld reingesteckt. Dieser Platz ist auch ohne beleuchtete Luftkissen oder eine gelbe Wand einmalig. Dafür braucht man nicht einmal ein Herz für rostige Torpfosten.
Anschrift: Adolf-Clarenbach-Straße 30, 42719 Solingen
Internet: http://www.jahnkampfbahn.de
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