Schon Dettmar Cramer wusste: „Es hängt alles irgendwo zusammen. Sie können sich am Hintern ein Haar ausreißen, dann tränt das Auge.“ Man muss den Selbstversuch gar nicht erst starten. Was Cramer in die Welt posaunte, beweist uns auch die Tipp-Kick-Figur: Drückt man dem Spieler auf den Kopf, bewegt sich das Bein. Es hängt alles irgendwo zusammen.
Und das seit fast 100 Jahren. In den goldenen Zwanzigern machte sich der Schwenninger Kaufmann Edwin Mieg mit einer Idee selbstständig, die bis heute an keinem fußballinteressierten Kind vorbeigeht – und an der sich bis heute nicht viel geändert hat. „Schon mit dem Prototyp wurde wie heute gespielt: Mit einer Blechfigur, deren Fuß sich auf K(n)opfdruck bewegen ließ, galt es einen zweifarbigen Korkwürfel in ein Tor zu schießen“, heißt es auf Tipp-Kick.de. Edwin Mieg ersetzte die Blechspieler durch Bleifiguren, gründete die Einzelfirma Edwin Mieg und stellte Tipp-Kick 1926 auf der Leipziger Spielwarenmesse vor. Die Nachfrage stieg und ermöglichte den Bau eines Fabrikgebäudes im Jahr 1938.
Der große Durchbruch gelang im Zuge der Weltmeisterschaft 1954, „180 000 Spiele wurden allein im Jahr des WM-Titelgewinns in Deutschland verkauft“, schreibt Tipp-Kick.de. Die Firma wurde zu diesem Zeitpunkt schon von Peter und Hansjörg Mieg betrieben, den Söhnen des 1948 verstorbenen Edwin Mieg. Bis heute hat sich auch daran nichts geändert, Tipp-Kick ist ein Familienbetrieb. Am Material selbst gab es indes immer wieder Korrekturen: Seit 1954 werden Tore und Bälle aus Kunststoff hergestellt, seit 1978 gibt es Tore mit Netz. Mein erstes Tipp-Kick-Spiel, das ich in den Neunzigerjahren bekam, hatte bereits einen „Starkeeper“, sprich einen Torwart, der auch nach vorne hechten konnte.
Das Geschehen auf dem Platz bestimmt die Absatzzahlen
Die Verbindung zwischen dem Fußball auf dem Rasen und dem im Kinderzimmer ist frappierend: Wenn es im deutschen Fußball nicht läuft, läuft es auch bei den Miegs nicht. Der Bundesliga-Skandal, das frühe Ausscheiden bei den Weltmeisterschaften 1978 oder 1994, das merkt man auch in Villingen-Schwenningen. Dass die Zahlen trotz des desaströsen Abschneidens der Nationalmannschaft bei der WM 2018 in Russland mehr als gut waren, lag an einer Kooperation mit der Supermarktkette Kaufland. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, mussten bereits vor rund zwanzig Jahren Teile der Produktion ins Ausland verlagert werden, im Bedarfsfall ist die Produktion vor Ort aber nach wie vor möglich.
Die Zukunft Tipp-Kicks sieht die „kleinste Spielwarenfirma Deutschlands“ (Tipp-Kick.de) in der Verbreitung des Spiels im Ausland, denn Tipp-Kick ist in erster Linie in den deutschsprachigen Ländern populär. Das Spiel Subbuteo, das ebenfalls in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts erfunden wurde, wird dagegen in über 50 Ländern gespielt. „Es gab mal die Idee, dass wir Subbuteo in Deutschland über Tipp-Kick vermarkten, aber das war schnell vom Tisch“, sagt uns Mathias Mieg bei unserem Besuch im Schwarzwald. Am Produktionsgebäude in der Dickenhardtstraße ist ein kleiner Shop angeschlossen, in dem ich als Kind mein ganzes Jahres-Taschengeld hätte lassen können.
Da flogen schon hin und wieder die Fetzen zwischen uns.
Uli Hoeneß über die Tipp-Kick-Duelle mit seinem Bruder Dieter
Genau das macht die Faszination von Tipp-Kick aus: Es ist noch alles so, wie man es als Kind schon kannte. Es gibt keinen Videobeweis oder irgendwelche anderen Reformen, die das Spiel entfremden. Auf der Liste der Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenke sollte Tipp-Kick ganz oben stehen – und das nicht nur bei fußballbegeisterten Kindern.
Anschrift: Tipp-Kick, Dickenhardtstraße 55, 78054 Villingen-Schwenningen
Internet: http://www.tipp-kick.de
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