In der „11 Freunde“-Liste aus dem Jahr 2012 findet der Betzenberg seinen wohlverdienten Platz. Acht Jahre und mehrere Klimaprotokolle später bleibt das Auto stehen, die „11 Freunde“-Redaktion präsentiert einen Entwurf, der sich an den coronabedingten Pilgerhype anschmiegt: Die „Wanderroute auf den Betzenberg“.
Wer den Camino de Santiago, den Rennsteig in Thüringen oder den Gänsekerleweg in Datterode bereits gegangen ist, für den dürfte die Tour auf den „Betze“ im Bereich des Machbaren liegen. Mit knapp einem Kilometer Wegstrecke ist der Fußmarsch nicht im Ansatz so anstrengend wie Hape Kerkelings Jakobsweg-Film. Auch die in der 11 Freunde angekündigten „unzähligen Stufen“ entpuppen sich beim Erklimmen als lösbare Aufgabe: Es sind gerade mal knapp über 50.
Den Tank auffüllen im Fan-Treff „Zum 12. Mann“
Vielleicht fällt der Weg auch schwerer, wenn man die erste Station ernst nimmt und vorab erst einmal kräftig auftankt: Nach dem Verlassen des Hauptbahnhofs empfiehlt das Magazin einen Stopp im Fan-Treff „Zum 12. Mann“ in der Richard-Wagner-Straße 103. Für viele Lauterer ist die 2008 eröffnete Kneipe ein Pflichtbesuch vor Heimspielen, insbesondere für diejenigen, die mit dem Zug anreisen. Darüber hinaus bietet der Fan-Treff ein breites Programm wie Live-Musik, Lesungen oder den „Layenberger Fantalk“. Dabei sind nicht nur FCK-Anhänger willkommen, sondern auch Fans von Gastvereinen – „solange sie nicht auf Krawall aus sind“, wie es in einer Pressemitteilung der Kneipe heißt.
Weiter geht’s die Bahnhofstraße runter. Linksseitig gefällt das Denkmal „Fußball ohne Grenzen“ am Philipp-Mees-Platz, das eigentlich einen eigenen Eintrag auf 11km.de verdient hätte. Es wurde von der Künstlerin Christel Lechner zur WM 2006 erschaffen und symbolisiert die acht Mannschaften, die während der Weltmeisterschaft auf dem Betzenberg spielten. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich an der Bahnhofstraße Ecke Eisenbahnstraße der zweite planmäßige Halt, die „Betzebud“, die bis zu ihrem Betreiberwechsel den Namen „Buzzhaltestelle“ (oder für die Anhänger nur „Buzz“) trug und seit Jahrzehnten Anlaufstelle für FCK-Fans ist. „Rund drei Stunden vorm Anpfiff auf dem Betzenberg öffnen sich die Rollläden an der Imbissbude, durch die dann neben Getränken auch Schnitzelweck und Frikadellen verkauft werden“, schrieb die Rheinpfalz anlässlich der Wiedereröffnung im Januar 2019. Seither ist mit der Metzgerei Kraus aus Otterberg ein Traditionsbetrieb für die Bewirtung am ehemaligen „Bosch-Eck“ zuständig. Nicht minder traditionsreich ist der Kiosk selbst: Das kleine Häuschen wurde 1913 errichtet und ist „das einzige erhaltene Stationshäuschen der früheren Lauterer Straßenbahn“ (Rheinpfalz).
Der einzige Laden, an dem ich morgens noch Bier bekam, als wir 1998 aus Hamburg zurückkamen und morgens um 4 Uhr in Lautern durstig ausstiegen.
User »Playball« im Forum »Der Betze brennt« über die »Buzz«
Folgt man der Eisenbahnstraße, sieht man durch die Unterführung hindurch bereits den „11 Freunde-Kreisel“ und damit die dritte Station der Wanderroute auf den Betzenberg. Seit August 2004 stehen auf dem Löwenburgkreisel elf in Beton gegossene Fußballspieler in roten Trikots, die die Tradition des 1. FC Kaiserslautern widerspiegeln sollen (aber keinen konkreten Spielern nachempfunden sind). Die Ähnlichkeit zu den Figuren am Philipp-Mees-Platz ist alles andere als zufällig, auch die elf Freunde im Kreisel entstammen der Künstlerin Christel Lechner. Ende 2019 wurde zwei Figuren der Kopf abgeschlagen. Anhänger des SV Waldhof Mannheim bekannten sich zu der Tat und entrollten im Derby ein Transparent mit der Aufschrift „Nicht lang schnacken, Kopf abhacken“.
Jetzt beginnt der Aufstieg. Durch das Wohngebiet geht es die knapp über 50 Stufen hinauf, bis man auf Höhe des Parkplatz West auf der Straße „Zum Betzenberg“ herauskommt. Von dort aus sind es nur noch ein paar hundert Meter bis zum Fritz-Walter-Stadion und bis zum Denkmal der Lauterer WM-Helden. Fritz Walter und sein Bruder Ottmar, Werner Kohlmeyer, Horst Eckel und Werner Liebrich stehen als Bronzeplastik seit 2006 direkt vor der Westkurve, „11 Freunde“ empfiehlt hier unbedingt den Genuss einer Weinschorle. Die vierte ist gleichzeitig die letzte Station der Gipfelbesteigung, „deren zynischer Zweck es derzeit eher ist, der andauernden Talfahrt des FCK beizuwohnen“, wie 11 Freunde schreibt.
Eine Erlebnispunktdichte ohne Ende
Ein Premiumsiegel vom Deutschen Wanderinstitut wird die Wanderroute auf den Betzenberg nicht bekommen, dafür ist die Tour viel zu kurz. Aber auch ohne Auszeichnung weist sie eine Erlebnispunktdichte auf, die nahezu unschlagbar ist. Der Fan-Treff, die Betzebud, die ganzen Denkmäler und der historische Treppenaufstieg, all das ist Fußballkulturgut allererster Güte. Dabei gibt es noch einen Geheimtipp – und zwar von jemandem, der es wissen muss. Manuel Andrack schreibt über Fußball und das Wandern, auch wenn er als Saarländer und Anhänger des 1. FC Köln alles andere als ein Betzebub ist. „Den Betze“, sagt Andrack, „sollte man von der Pfälzer-Wald-Seite bewandern.“
Anschrift: Hauptbahnhof Kaiserslautern, Bahnhofstraße, 67655 Kaiserslautern (hier beginnt die Wanderroute auf den Betzenberg) | Station 1: Fan-Treff „Zum 12. Mann“, Richard-Wagner-Straße 103, 67655 Kaiserslautern | Station 2: „Betzebud“, Eisenbahnstraße 74, 67655 Kaiserslautern | Station 3: Löwenburgkreisel, 67663 Kaiserslautern | Station 4: Fritz-Walter-Stadion, Fritz-Walter-Straße 1, 67663 Kaiserslautern
Schreibe einen Kommentar