Rudolf-Kalweit-Stadion, Hannover

Das Rudolf-Kalweit-Stadion bietet alles „für einen raren Ausflug in die gute, alte Zeit“ (Fußballheimat Niedersachsen & Bremen). Es ist die Heimat eines Vereins, der einst zu „den bekanntesten und durchaus auch glamourösesten“ (Hannoversche Geschichtsblätter) des Landes zählte. Es beherbergt eine Tribüne aus Holz, deren Grundmauern im Zweiten Weltkrieg mehrere Bombeneinschläge überlebten. Es huldigt seinen alten Platzobmann, indem er eine Hintertortribüne nach ihm benannte. Und es bietet eine Reliquie aus der Kampfbahn Rote Erde: Ein Dach.

Als der Arminia 1976 der Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord gelang, wurde das Tribünendach der Kampfbahn Rote Erde per Sattelschlepper nach Hannover verfrachtet (andere Quellen berichten von 1975). Eine Idee, die die Arminia nicht exklusiv hatte. Bereits drei Jahre zuvor bediente sich auch der OSV Hannover in Dortmund und holte die Zusatztribüne der Roten Erde nach Niedersachsen, nachdem sie dort durch den Bau des Westfalenstadions zur Weltmeisterschaft im eigenen Land überflüssig wurde. Die Tribüne prägt heute noch das Oststadtstadion – und ist dafür ausschlaggebend, dass das Stadion zu den von der „11 Freunde“ auserkorenen 150 Orten der Fußballrepublik gehört.

Die goldenen Zwanziger

Als sich die 1910 gegründete Arminia im Oktober 1918 mit dem SV Merkur 1898 zusammenschloss, übernahm man die Spielstätte des Rugby-Vereins. Der SV Merkur war dort seit 1910 zuhause, der Platz zählte zu den besten der Stadt. Es folgten die beiden erfolgreichsten Dekaden der Vereinsgeschichte. 1920, 1930 und 1933 nahm Arminia Hannover an der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft teil, scheiterte dabei jeweils spätestens im Viertelfinale. Während dieser Zeit wurde am Bischofsholer Damm eine Tribüne für 800 Menschen gebaut und im August 1924 mit einem Spiel gegen die SpVgg Fürth eingeweiht. Von dort aus sah die Anhängerschaft in den kommenden Jahren internationale Mannschaften wie den FCT Budapest oder Vienna Wien, die zu Freundschaftsspielen in Bischofshol gastierten. „Vor Heimspielen wurde großzügig plakatiert und inseriert, die Anhänger konnten bereits Fahnen und Trikots kaufen“, berichtet Christian Wolter in den Hannoverschen Geschichtsblättern von den damals revolutionären Marketingideen des Vereins.

Eines der wohl schönsten und vor Atmosphäre und Geschichte nur so strotzenden Fußballstadien

»Fußnoten zur Fußballgeschichte«

Nach dem Zweiten Weltkrieg (in dem der Platz schwer beschädigt wurde und zwei Jahre unbespielbar war) liefen die Arminen in der Oberliga Nord auf und landeten meist in der zweiten Tabellenhälfte der damals höchsten Spielklasse. Durch die vom Platzobmann Karl Lahmann angeordnete Aufschüttung von Kriegsschutt wurde die Zuschauerkapazität der Anlage auf 18 000 angehoben. Die Hintertortribüne trägt bis heute seinen Namen: Lahmann-Hügel. Auf dem Spielfeld war der bekannteste Armine dieser Zeit der spätere Weltmeister Jupp Posipal, der von 1946 bis 1949 in Bischofshol spielte.

1957 folgte der Abstieg. Nach Arminias Rückkehr in die Oberliga im Jahr 1962 kamen 62 000 Menschen gegen den Hamburger SV, 35 000 gegen Werder Bremen und 30 000 zum Derby gegen 96 – ins Niedersachsenstadion, das Stadion am Bischofsholer Damm war nur für rund 20 000 Zuschauerinnen und Zuschauer ausgelegt. „Als es 1967 und 1968 unter Trainer Hans Hipp um den Aufstieg in die Bundesliga ging, verließ man für Topspiele Bischofshol ebenfalls“, ergänzt Das große Buch der deutschen Fußballstadien.

Ein Rosenkavalier im Rudolf-Kalweit-Stadion

Die letzten baulichen Veränderungen erlebte das Stadion Mitte der Siebzigerjahre: Die Tribüne von 1924 wurde „mit Ausnahme der Grundmauern beseitigt“ (Das große Buch der deutschen Fußballstadien) und erhielt das recycelte Tribünendach. Darüber hinaus wurden die Stehtribünen renoviert, nachdem zu Beginn der Sechzigerjahre noch ein Abriss der Anlage zur Diskussion stand. Die Arminia spielte zwischen 1976 und 1980 letztmals zweitklassig und erlebte Höhen und Tiefen: In der Spielzeit 1978/79 landete man in der Abschlusstabelle vor den „Roten“, dafür kassierte man in der Abstiegssaison eine 0:11-Pleite beim Namensvetter aus Bielefeld und hält damit bis heute den traurigen Negativrekord der höchsten Zweitliganiederlage aller Zeiten – das Spiel hat sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Danach verabschiedete man sich vom Profifußball. Der bekannteste Armine der Gegenwart war nicht Weltmeister auf dem Platz, sondern im Verteilen von Rosen: Der Bachelor Paul Janke lief von 2009 bis 2011 im Rudolf-Kalweit-Stadion auf.

Diesen Namen trägt das Stadion seit Mitte der Nullerjahre. Er erinnert an den 2002 verstorbenen Gastronom Rudolf Kalweit, der dem Verein drei Millionen Euro vererbte.

Anschrift: Rudolf-Kalweit-Stadion (früher Stadion am Bischofsholer Damm), Bischofsholer Damm 119, 30173 Hannover

Internet: http://svarminia.de/verein/stadion-rks/

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