Die Weltmeisterschaft im eigenen Land bescherte uns 2006 eine TV-Produktion, die es ohne den allgemeinen Fußballhype wohl nicht gegeben hätte. Im Fokus standen nicht Michael Ballack, Miroslav Klose oder Jürgen Klinsmann, den Status der Helden nahmen Kicker wie Keeper Oliver Bartl oder Stürmer Holger Wiegerich ein: Spieler von nebenan, Amateurkicker. „Helden der Kreisklasse“ eben.
Unter diesem Titel wurden insgesamt 45 Folgen auf dem bis dahin wenig fußballaffinen Sender Kabel 1 ausgestrahlt, die das Schaffen des Kreisligisten SSV Hacheney von 2004 bis 2006 in zwei Staffeln begleiteten. Zwei Spiele gab es sogar via TV-Übertragung direkt ins Wohnzimmer, was ganze Scharen von Fanbussen nicht daran hinderte in den Dortmunder Süden zu reisen, um die Partien gegen die dritte Garde von Eichlinghofen oder die Reserve vom TuS Kruckel live in Hacheney zu sehen. Auf einem Ascheplatz, wie es ihn in Deutschland tausendfach gibt.
Schimmel und Asbest statt Kehl und Metzelder
Wer regelmäßig vor dem Fernseher saß, wenn Lars Kukereit die Fäden im Mittelfeld zog, erinnert sich auch noch an den schmalen Durchgang zwischen Grillhütte und Klubhaus zu den Umkleidekabinen. Die dürfen aus „gesundheitlichen Gründen“ nicht betreten werden. Die Aura von Sebastian Kehl, Christoph Metzelder und anderen Profis, die den Trainingsbetrieb des SSV bereicherten, musste wohl Schimmel oder Asbest weichen.
Einige Merkmale deuten noch auf die großen Zeiten hin. Das Flutlicht, das „Manager“ Manni Burgsmüller wieder auf Vordermann brachte oder auch eine kleine Inschrift am renovierten Vereinsheim, auf der sich der Klub bei den Sponsoren bedankt.
Mit Vereinsleben hatte dies nichts zu tun. Die waren nur fernsehgeil.
Marcel Gerling auf »DerWesten.de«
Mit der letzten Folge gingen auch die Spieler: „Wir waren eine Söldnertruppe, die Spieler kamen wegen des Fernsehens“, sagte Torhüter Bartl der Westfälischen Rundschau. Auch die Zuschauerzahlen pendelten sich wieder auf kreisklassenkompatible 30 Besucher ein, Freundschaftsspiele gegen Tibet oder Oberhausen, eine von Allrounder Marcus Kuno gesungene Vereinshymne – das ist alles nur noch in der Vereinschronik zu finden. Und die ist fertig geschrieben: 2016 musste der SSV Hacheney aus finanziellen Gründen aufgelöst werden und ging in den SFC Dortmund-Süd über.
Anschrift: Sportplatz des SSV Hacheney, Hacheneyer Straße 88, 44263 Dortmund
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