Deutsches Fußballmuseum, Dortmund

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Deutsches Fußballmuseum, Dortmund

Der Zeitpunkt der Eröffnung könnte nicht schlechter sein. Fast zehn Jahre hatte man am Deutschen Fußballmuseum getüftelt, drei Jahre daran gebaut, rund 40 Millionen investiert und über 1 600 Exponate angeschafft. Wenn im Oktober 2015 über den DFB gesprochen wird, dann geht es aber nicht um das Deutsche Fußballmuseum; es geht um 6,7 Millionen Euro, die im Zuge der WM 2006 verschollen sind. Es geht um Wolfgang Niersbach, der in ein paar Tagen zurücktreten wird. Um Franz Beckenbauer, der Blanko-Unterschriften verteilt hat. Und um derbe Erinnerungslücken bei allen Beteiligten, die in ihrer Häufigkeit die Zahl der Exponate übersteigen dürfte.

Die alles entscheidende Frage: Hat man sich die Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land erkauft? Eine Frage, die für das Fußballmuseum nicht ganz unwesentlich ist – immerhin wurde es aus den Gewinnen der WM 2006 finanziert.

Dortmund setzt sich gegen Gelsenkirchen durch

Kurz nachdem die Welt zu Gast bei Freunden war, entschloss man sich beim DFB zum Bau eines Fußballmuseums. 14 Städte schmissen ihren Hut in den Ring, in die engere Wahl schafften es Oberhausen, Köln, Gelsenkirchen und der spätere Sieger Dortmund. Die Entscheidung fiel nicht umsonst auf ein Quartett aus Nordrhein-Westfallen, in der Aufstellung „Zahlen zum Fußballmuseum“ betont man, dass 10 Millionen Menschen innerhalb einer Auto-Stunde das Fußballmuseum erreichen können.

In der unmittelbaren Nähe des Dortmunder Hauptbahnhofs begann man im September 2012 mit den Bauarbeiten, die Grundsteinlegung fand Ende April 2013 statt. Zuvor entschied ein internationaler Architekturwettbewerb über die Optik des Gebäudes, das zur Dortmunder Kunst- und Kulturmeile gehört und dessen Fläche vorher als Busbahnhof genutzt wurde.

Wir haben hier nicht nur Fußballschuhe hinter Glas, die wir in Isolationshaft stellen.

Direktor Manuel Neukirchner in der »Berliner Zeitung«

Das Problem bei den modernen Fußballmuseen ist, dass der Kommerz die Aorta zum Herzen verkalkt. Der FC Bayern ist für mich mit seiner sterilen Erlebniswelt der Prototyp des seelenlosen und profitorientierten Museumskonzepts. Mit den gleichen Bedenken – und zugegebenermaßen auch Vorurteilen – ging es nach Dortmund ins Fußballmuseum. Die Befangenheiten wurden dort allerdings auf eindrucksvolle Art und Weise entkräftet.

Das Deutsche Fußballmuseum beginnt mit einem 30 Meter langen Wimmelbild mit allen Vereinen der Bundesliga-Geschichte

Bereits auf der Rolltreppe, die in den ersten Bereich der Ausstellung führt, wird deutlich, warum in Dortmund der Spagat gelingt. Man fährt durch ein 30 Meter langes Wimmelbild, das Fußballfans auf dem Weg ins Stadion zeigt. Die Grafikerin und Illustratorin Diana Köhne hat sich dabei eine Menge gedacht. Sie lässt die Anhängerscharen von Süden nach Norden und von Westen gen Osten pilgern. Dabei sind sämtliche Vereine bildlich vertreten, die jemals in der Bundesliga spielten.

Es ist genau diese Detailverliebtheit, die den Unterschied zur Konkurrenz ausmacht. Mit dem „Anstoß“, dem ersten deutschen Weltmeistertitel 1954, beginnt der museale Rundgang. Zu jedem Helden von Bern gibt es ausgewählte Details der Karriere, darunter original Schriftwechsel mit Sepp Herberger. Im „Zeit-Raum“ begleitet jeweils eine Memorabile zu jedem Jahr die Geschichte des DFB. Und im Bereich des DDR-Fußballs wird unter anderem die Stasi-Akte von Lutz Eigendorf ausgestellt. Dazwischen gibt es viel Multimedia, bewegte und bewegende Bilder sowie die ein oder andere liebevolle Schnapsidee. Der Bereich ist in der obersten Etage zuhause und trägt den Namen „1. Halbzeit“, er thematisiert den nationalen Fußball.

Der Amateurfußball, der Fußball als sozialpolitisches, kulturelles und gesamtgesellschaftliches Phänomen – all das fehlt völlig.

Kritik aus »Die Zeit«

Über die „Halbzeitpause“ mit Technik, Taktik und Pokalen erreicht man den Bereich Vereinsfußball und die „2. Halbzeit“. Dem Devotionalien-Fan geht auch hier ein Herz auf, für die jüngere Generation ist der Multimedia-Bereich nicht zu knapp gehalten. Am Ende der Ausstellung kann man noch selbst kicken und den Bus der Nationalmannschaft besuchen. Dass der DFB damit seinem Generalsponsor eine herausragende Werbeplattform bietet ist ebenso kritisch zu bewerten wie die Tatsache, dass man zwangsläufig durch den „adidas Brand Store“ muss, um das Museum zu verlassen – mit dem Product Placement wurde es insgesamt zu gut gemeint. Die Zeit kritisierte in einem Artikel aus dem Jahr 2015, dass die meisten Objekte private Leihgaben mit zeitlich befristeten Leihverträgen seien und titulierte das Deutsche Fußballmuseum als ein „Provinzmuseum aus den Achtzigern“.

Unser Eindruck ist ein anderer: In Worte kann man die Vielfalt der Ausstellung nicht fassen – und daher wird das hier auch gar nicht erst versucht. Aus diesem Grund ist auch der Eintrittspreis, der im extremsten Fall bei 19 Euro (Erwachsener ohne Ermäßigung zur Prime-Time) liegt, irgendwo gerechtfertigt. Das Fußballmuseum unterhält locker den ganzen Tag und spricht sowohl junge als auch alte Fans an. Dabei wurde eine Liebe zum Details an den Tag gelegt, wie man sie von der „Fußballzeitreise“ in Bad Tabarz oder dem „Altstadt-Kult-Museum“ kennt; gleichzeitig ist das deutsche Fußballmuseum multimedial und modern und bietet damit Facetten, die man in Thüringen oder Bayreuth nicht leisten kann.

Anschrift: Deutsches Fußballmuseum, Platz der Deutschen Einheit 1, 44137 Dortmund

Internet: http://www.fussballmuseum.de

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