Eddyline, Berlin

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Eddyline, Berlin

Dass es Korrelationen zwischen dem eigenen Leben und dem Abschneiden des Herzensvereins gibt, kann ich bestätigen: Erster Abstieg des 1. FC Köln im Jahr meines Fachabiturs, fünfter Abstieg im Jahr meiner Hochzeit, sechster Abstieg und schlechteste Spielzeit aller Zeiten im Jahr meines Uni-Abschlusses. Dass Hendrik „Eddy“ Mann eine innigere Beziehung zu Union Berlin hatte als ich zum 1. FC Köln, sieht man daran, dass nicht Gegensätze, sondern persönliche Höhen und Tiefen zwischen „Eddy“ und den Köpenickern Hand in Hand gingen: „Wenn’s mir mal scheiße ging, war’s bei Union genauso“, zitiert Stefanie Fiebrig vom Blog Textilvergehen den gebürtigen Chemnitzer.

„Eddy“ war auf dem Wasser zuhause, lernte den Beruf des Vollmatrosen und auf großen Schiffen den Pazifik kennen. 1976 zog er mit seinen Eltern nach Berlin und verlor zwei Jahre später einen Teil seines Herzens an Union. Den anderen Teil reservierte er für seine spätere Frau Simone, mit der er gemeinsam 2005 das Schiff „Viktoria“ übernahm und den Fahrgastschiffbetrieb „Eddyline“ gründete. Und die drei sollten nicht alleine bleiben: „Angesichts der wachsenden Begeisterung für unsere Touren und um den Wünschen unserer Gäste noch besser gerecht zu werden, erweiterten wir unser kleines Familienunternehmen im Herbst 2007 um die Helgard“, heißt es auf eddyline.de. Und auf der sitzen wir jetzt, um unsere Tour durch Berlin zu machen.

Sehenswürdigkeiten und Kalauer

Wie die Viktoria erstrahlt die Helgard in den rot-weißen Farben von Union Berlin, bunt sind auf ihr nur die Schirme, mit denen sich viele der anderen Fahrgäste – 99 Menschen passen auf das Schiff – vor der Sonne schützen; das Panorama-Dach wird nur bei Regen eingesetzt. Auf der rund einstündigen Spreetour passieren wir reihenweise klassische Highlights wie den Fernsehturm oder die Museumsinsel. Wir sehen den Tränenpalast an der Friedrichstraße, das Regierungsviertel, das Schloss Bellevue und natürlich das Humboldt-Forum sowie den Berliner Dom, denn schräg gegenüber am Anleger der Reederei Hadynski beginnt die kurze Reise, die mit reihenweise Kalauern vom Band begleitet wird.

Die 150 Pferde starke Viktoria ruht sich bei unserem Besuch im Westhafen aus. Sie wurde 1935 auf der Oswald-Ernst-Werft in Berlin-Köpenick gebaut, ist 26 Meter lang, 5,10 Meter breit und ist damit nicht nur das größere der beiden Schiffe, sondern auch das ältere: Die Helgard wurde erst in den Nullerjahren nach den Vorstellungen von Eddyline erschaffen und ging zum ersten Mal im Herbst 2007 auf große Fahrt. Der Unterschied zwischen beiden Schiffen ist, dass sich die Helgard eher für Stadttouren eignet, während die Viktoria ein Schiff zum Feiern ist – so wie es die Mannschaft von Union Berlin 2019 im Rahmen des Bundesliga-Aufstiegs auf ihr tat.

„Das erste Mal, als die Mannschaft zu mir an Bord kam, hatte ich Tränen in den Augen. Wir haben das Mannschaftsfoto gemacht. Dazu haben wir mitten am Tag die Spree komplett dichtgemacht. Verbotenerweise. Oben auf der Brücke die Fans, unten auf dem Schiff die Mannschaft.“

Tagesspiegel

„Eddy“ konnte nicht mitfeiern. Am 5. Juli 2014 schrieb die Webseite der „Eisernen“: „Der 1. FC Union Berlin trauert um einen langjährigen Mitstreiter, der mit seinem Witz und seinem raubeinigen Charme unzähligen Unionern schöne Stunden und unvergessliche Erlebnisse beschert hat.“ Hendrik Mann starb an Krebs. Mit seiner Reederei bleibt er hier unten auf der Erde in Erinnerung, im Himmel wird es ihm gut gehen, denn das Zitat vom Anfang war nicht vollständig: „Wenn’s mir mal scheiße ging, war’s bei Union genauso. Wenn’s bei Union aufwärtsging, ging es bei mir auch aufwärts.“

Anschrift: Eddyline, Simone Mann, Westhafenstraße 1, 13353 Berlin

Internet: eddyline.de

Alle aktuellen Fahrpreise, Buchungsmöglichkeiten und vieles mehr gibt es unter diesem Link.

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