History Walk spielt Braunschweiger Fußball-Geschichte an die Wand

In:
Der History Walk von "An die Wand gespielt" in Braunschweig

An der vierten und letzten Station kam bei mir Wehmut auf. Da wurden Fotos von der 10. Klasse der Braunschweiger Sally-Perel-Schule an die Wand gespielt, von ihren Erlebnissen und ihrer Arbeit in der vergangenen Projektwoche, die eben jenen Namen trug: An die Wand gespielt. Schülerinnen und Schüler erarbeiteten in Workshops einen History Walk, der in der Nähe der Braunschweiger Universitätsbibliothek begann und der 2,5 Kilometer später an der Stadthalle endete. Für mich ist es der vorletzte Ferientag, am kommenden Montag starte ich mit meiner Klasse in die letzte Runde, bevor ich sie im Sommer mit einem Realschulabschluss verabschiede. Dass ich in den Braunschweiger Schülerinnen und Schülern meine eigenen sehe, kann ich kaum verhindern.

Sie ist aber nicht in meiner Klasse, die Zehntklässlerin, die bewundernswert frei von den Anfängen des Fußballs – oder besser: Des Fußballs mit einem Rugbyball – erzählt. Als sie das macht, hören ihr rund 70 Menschen zu. Kurz zuvor haben sie einen kleinen Film gesehen, der an eine Häuserwand projiziert wurde und der den History Walk gemeinsam mit einer kurzen Rede eröffnet. Es hätte keinen geeigneteren Ort geben können, denn hier, wo heute das Haus der Wissenschaft und das naturhistorische Museum stehen, fand 1875 auf dem kleinen Exerzierplatz das erste (Rugby-)Spiel statt.

Peter Lux spricht über den Tod von Lutz Eigendorf

Deutsch-deutsche-(Fußball-)Geschichte war das Thema am Staatstheater, der zweiten Station des History Walks. Ein Interview mit dem früheren Profi Peter Lux wurde an die Wand gespielt, die Schülerinnen und Schüler sprachen mit dem ehemaligen HSV– und Eintracht Braunschweig-Profi über den tödlichen Unfall seines Mannschaftskollegen Lutz Eigendorf. „Ich war in Lebenstedt und hörte davon im Radio“, sagt Lux in dem Interview. Er gibt damit einen ganz anderen Einblick in das Unglück, von dem bis heute nicht klar ist, ob die Stasi ihre Finger im Spiel hatte. „Er hatte ein Auto mit Heckantrieb, ich war mir immer sicher, dass er zu schnell fuhr und dass es ein Unfall war“, schildert Lux seine Sicht der Dinge. Peter Lux war zum Zeitpunkt des Unfalls ein junger Spieler, der Eigendorfs Posten auf der Position des rechten Verteidigers einnehmen sollte: „Das war das Profigeschäft, es musste weitergehen.“ Auch für uns, wir ziehen weiter zur St. Magni-Kirche, an die ein Kurzfilm gestrahlt wurde, ehe der Abschluss an der Stadthalle stattfindet.

„Es war bezaubernd“, sagt Leska Ruppert, als sich die History-Walkerinnen und Walker um kurz vor 23 Uhr wieder in alle Himmelsrichtungen verteilen, „bezaubernd, das ist es immer wieder“. Sie und ihre Helferinnen und Helfer sind sichtlich erleichtert, dass alles glatt ging, aber auch stolz darauf, was die Klasse, „eine ganz tolle“, wie Leska Ruppert sagt, gezeigt hat.

Warum der Lehrerberuf der überragendste der Welt ist

Ich verstehe, wie sie empfindet. Es gibt im Eingangsbereich meiner Schule einen Ausstellungskasten, in dem gerahmte Fotos meiner Klasse stehen. Einmal zeigen diese Fotos, wie wir den Film „Sicher ins Leben!“ drehen, andere Bilder dokumentieren den Besuch von Dr. Christina Stresemann an unserer Schule, wie meine Klasse die frühere Richterin des Bundesgerichtshofs interviewt und wie meine Schülerinnen und Schüler in der Stadtkirche „hart abliefern“, wie sie es selbst nennen würden.

Das hat auch die 10. Klasse der Braunschweiger Sally-Perel-Schule gestern Abend beim History Walk getan. Allen voran hat sie aber gezeigt, dass Fußball im April 2023 nicht nur aus der erschütternden Krise des FC Bayern besteht, sondern dass der Fußball viel mehr kann.

FacebookWhatsAppEmail

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert