Die Fähre zum Weserstadion, Bremen

Der beste Erdkundelehrer meiner Schulzeit war der Fußball. Auf internationaler Ebene wussten wir durch die Europapokal-Auftritte der Bayern, dass Tirana die Hauptstadt Albaniens und Nikosia die von Zypern ist. Wenn die weniger Fußballbegeisterten in unserer Klasse Amsterdam und Rotterdam als Städte der Niederlande aufzählten, konnten wir mit Eindhoven, Groningen und Arnheim punkten und mit Waalwijk, Sittard und Volendam noch einen drauflegen. Und wenn unser Lehrer dann nur seltsam guckte, wusste man: Der hat noch nie „Eurogoals“ auf Eurosport gesehen.

National halfen die Stadien: Düsseldorf spielte im Rheinstadion, Stuttgart im Neckarstadion, Bochum im Ruhrstadion, Duisburg im Wedaustadion und Bremen im Weserstadion. Erst als der HSV seinen Stadionnamen verkloppte und in der AOL-Arena auflief, fingen die Erdkundelehrer an zu fluchen, so wie es die Mathelehrer bereits taten, weil die Vermittlung der Bruchrechnung durch den Einzug der Digitaluhren vor die Hunde ging.

Einmalig in Deutschland

Der SV Werder Bremen spielt bis heute im Weserstadion, sieht man mal von seinem neuen Zusatz „Wohninvest“ ab. Die Weser fließt unmittelbar vor dem Stadion, was zu einer Besonderheit führt: Der Weg zum Stadion kann nicht nur per Pedes, mit dem Auto oder mit der Bahn zurückgelegt werden, sondern zusätzlich übers Wasser. Mit der Fähre zum Weserstadion, „ein in ganz Deutschland einzigartiges Erlebnis“, schreibt der SV Werder auf werder.de.

Seit November 2009 bietet der Verein in Kooperation mit der Reederei „Hal över“ diesen Service an, fünf Schiffe pendeln zu jedem Heimspiel und wieder zurück. „Bis zu 4 000 Werder-Fans können die Arena so auf dem Wasserweg erreichen“, heißt es weiter, an insgesamt fünf Anlegestellen hält die Fähre, bevor sie beim Weserstadion anlegt.

Besonders romantisch wird die Aussicht nach Passieren des Martinianlegers, wenn am Weserufer die Heim- und Auswärtsfans, flankiert von berittener Polizei, in Massen zum Stadion pilgern.

Aus der »11 Freunde«

Unsere Wahl fällt auf den Anleger Waterfront/Pier 2. Der Name setzt sich durch das Einkaufszentrum einerseits und das Veranstaltungszentrum andererseits zusammen, die sich in unmittelbarer Nähe zur Anlegestelle befinden. Dadurch stehen mehrere tausend(!) Parkplätze zur Verfügung, die man kostenlos nutzen kann. Allerdings ist das Erlebnis ab hier auch reservierungspflichtig, d. h. ein Anruf bei der Reederei oder die Ticketbuchung auf der Webseite von Hal över sind notwendig. An den drei Haltepunkten vorher (Farge, Blumenthal und Vegesack) ist das nicht der Fall.

Die Fahrt selbst dauert von unserem Anleger gut 50 Minuten. Der Kapitän begrüßt die zugestiegenen Gäste und spart nicht mit Kalauern, links und rechts gibt es viel zu gucken, denn wir schippern direkt durch die Stadt. Wir kommen an dem großen Kellogg‘s-Hahn vorbei, den ich seit meiner Kindheit nicht mehr gesehen habe und der bei dem Junggesellenabschied auf der Fähre nicht annähernd so viel Begeisterung hervorruft wie die Becks-Brauerei, die wenig später kommt. Am Martinianleger steigen die letzten Fahrgäste zu, dann ist es nur noch eine Viertelstunde. Der Wind ist kalt und bläst uns um die Ohren, aber es wäre nur halb so schön, jetzt im Warmen zu sitzen. Das denken sich auch zwei ältere Männer, die neben uns Platz nehmen. „Wir bekommen heute alles bezahlt. Hat die Sparkasse geregelt“, erklären sie uns und jetzt verstehen wir auch, warum sie bei einem Spiel zwischen Bremen und Schalke einen roten Schal tragen. Am Stadion angekommen dauert der Fußweg vom Anleger bis zum Stadion keine zwei Minuten, dann sind wir an der Westseite des Stadions angekommen.

Die Fähre zum Weserstadion ist eine Idee im Sinne der Umwelt

Ganz abgesehen davon, dass durch die Fähre der Verkehr entlastet und im Sinne der Umwelt gehandelt wird, ist die Schiffsfahrt zum Stadion ein Highlight in dieser Liste. Alles ist puristisch ohne großes Gedöns, genau so, wie der Fußball immer seltener ist. „Die Idee kam von der damaligen Geschäftsführung“, schreibt der SV Werder auf Anfrage. Sie hätte kaum besser sein können.

Anschrift: Reederei „Hal över“, Anleger Farge, Berner Fährweg 2, 28777 Bremen | Anleger Blumenthal, Bürgermeister-Dehnkamp-Str. 1, 28777 Bremen| Anleger Vegesack, Rohrstrasse 11, 28757 Bremen | Anleger Pier 2/Waterfront, Gröpelinger Fährweg 6, 28237 Bremen | Martinianleger, Schlachte 1, 28195 Bremen | Weserstadion, Franz-Böhmert-Straße 1, 28205 Bremen

Internet: https://www.hal-oever.de/

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4 Kommentare

Hallo, Reinhard,
bitte wende dich dafür an die am Ende des Artikels angegebenen Kontaktmöglichkeiten.
Vielen Dank und beste Grüße Sascha

Hallo liebes Fähren Team!

besteht noch die Möglichkeit 2 Plätze auf einer der Fähren beim letzten Heimspiel am 20.05 zu ergattern?

liebe Grüße

Paul

Hallo, Paul,
bitte wende dich dafür an die am Ende des Artikels angegebenen Kontaktmöglichkeiten.
Vielen Dank und beste Grüße Sascha

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