Palme-Trikotfabrik, Glashütten

In der Palme-Trikotfabrik ist alles noch so, wie es schon immer war. Eine Zeitreise könnte nicht authentischer sein, Musterschnitte hängen an der Wand, unverwüstliche Nähmaschinen stehen unter unverwüstlichen Tischlampen. Während die Branchengrößen in Fernost produzieren lassen, ist die Palme-Trikotfabrik deutschlandweit der einzige Ort, an dem Trikots noch individuell und in Handarbeit hergestellt werden.

Alice gelangt ins Wunderland, indem sie einem Kaninchen folgt. Im oberfränkischen Glashütten betritt man einfach das alte Firmengebäude der Palme-Trikotfabrik. Beide Orte haben gemein, dass sie magisch sind; die Palme-Trikotfabrik ist sogar real. Seit 70 Jahren steht die Fabrik in Glashütten, die Firma selbst ist noch viel älter und hat ihre Wurzeln in der Tschechei. Nach dem Zweiten Weltkrieg flüchtete Bruno Palme nach Oberfranken und setzte dort die Tradition fort, die 1848 im Sudetenland begann.

Bayern, Gladbach, die Nationalmannschaft – alle spielten in Palme

Ihre beste Zeit erlebte die Bruno Palme GmbH und Co KG zwischen den Sechziger- und Achtzigerjahren. Mönchengladbach, Eintracht Frankfurt, sogar Bayern München und die Nationalmannschaft spielten in Palme.

Damals arbeiteten über 100 Menschen für Palme, mittlerweile sind es noch zehn. Aus einst 100 Näherinnen wurden drei. Die bayrische Textilindustrie verlor nach dem Boom ihre Konkurrenzfähigkeit, als die Synthetikfaser die Baumwollfaser vom Markt verdrängte. Erst wurde in Osteuropa günstiger produziert, jetzt in Asien.

Die hohe Qualität der Produkte und die sorgfältige Bearbeitung der Aufträge machten Palme zum größten Sportbekleidungshersteller der 70er und 80er Jahre, in der auch für die Firma Puma in Lizenz Trikots hergestellt wurden.

Die Trikotfabrik.de

Nicht nur in Glashütten, auch in den Nachbargemeinden wurde es zunehmend schwieriger. „Die Zahl der Textilbetriebe – in der Mehrzahl mittelständische Unternehmen – war seit 1970 von 704 auf 193 im Jahr 2000 zurückgegangen“, weiß das Historische Lexikon Bayerns. „Webereien, Stickereien, das gibt es alles nicht mehr. Dabei war Oberfranken mal eine Hochburg der Textilindustrie“, sagt uns Isolde Kurrent in der Trikotfabrik. Sie arbeitet ihr ganzes Leben hier, ihr Sohn ist Eigentümer. „Ohne Nostalgie ginge es nicht“, berichtet er dem Nordbayrischen Kurier. Die Trikotfabrik setzt auf den Retrotrend, Jubiläumstrikots werden hier originalgetreu angefertigt, wie jüngst das der SpVgg Bayreuth. Sie sind aus festem Baumwollstoff, sie erinnern an das erste eigene Trikot, an dem so viele Erinnerungen hängen: Vom Bolzplatz, vom Stadion, vom Fasching, als ich mich als das verkleidete, was ich immer war: Köln-Fan.

Bei mir sind seit meinem ersten Trikot unzählige weitere Geschichten hinzugekommen. Keins hat annähernd so viele zu erzählen wie das erste. Die Trikotfabrik in Glashütten lässt Geschichte(n) bewahren und entstehen. Sie ist ein Wunderland.

Im Oktober 2019 endete ein Stück Fußballgeschichte. „Wir werden nie mehr Trikots herstellen“, heißt es auf der Firmen-Webseite. Die Trikotfabrik musste ihren Betrieb einstellen.

Anschrift: Bayreuther Straße 51, 95496 Glashütten

Internet: https://www.dietrikotfabrik.de

FacebookTwitterWhatsAppEmail

2 Kommentare

Wirklich schade, habe sehr viele Palme Trikots im Schrank liegen bei Michael Hamann erworben. Diese Trikots mit der
Knopfleiste hätte ich ganz sicher auch haben mögen. Kann man das eigentlich noch bekommen???
Vielen Dank für die wunderschönen Trikots und viele Grüße
Heinz Linke

Schreibe einen Kommentar