Sportsbar AllStars, Stralsund

Die Geschichte beginnt so: Ein Mann zieht der Liebe wegen nach Stralsund. In seiner Heimat, dem Eichsfeld in Thüringen, hält ihn nichts mehr. Als er in der Hansestadt in einer Lokalität die 2. Bundesliga sehen will, lässt man die Fernseher lieber aus. Daraufhin beschließt er, selbst eine Sportsbar zu eröffnen. Und weil ein Bekannter von ihm die nötigen Räumlichkeiten besitzt, wird die bisherige Idee eines Cafés über den Haufen geworfen und die beiden eröffnen die „Sportsbar AllStars“. Es ist Sommer 2013 und der FC Bayern ist seit weniger als zwei Monaten amtierender Champions-League-Sieger.

Die Kneipe wächst mit ihren Gästen, allen voran aber mit den Devotionalien, die diese mitbringen. Ein Konzept, das auch im Stadion an der Schleißheimer Straße in München greift. „Dementsprechend bunt ist das Bild, das sich Besucherinnen und Besuchern beim Betreten der Kneipe bietet“, schreibt die Sportsbar AllStars in ihrer Bewerbung zur Fußballkneipe des Jahres 2019, zu diesem Zeitpunkt betreibt der Mann die Fußballkneipe längst alleine. Zum Titel reicht es nicht. Dafür zählt die Sportsbar ein Jahr später zu den von der 11FREUNDE gekürten „150 Orten, die Fußballfans gesehen haben müssen“. Grund dafür ist die Lage der Kneipe: „Wer in der Halbzeit runterkommen muss, geht eben zum Meer. Es ist 400 Meter weg“.  

Die Sportsbar AllStars lebt von ihrem Wirt

Es gibt aber auch noch einen anderen Grund, warum die Sportsbar AllStars einen Hitparaden-Platz verdient. „Eine Kneipe lebt von ihrem Wirt, das habe ich verstanden“, sagt André Hillmann. Er ist der Mann, der die Eichsfelder Stracke gegen den Bismarckhering tauschte. Der Mann, der sich nicht in Stralsund, aber in eine Stralsunderin verliebte. Der im hohen Norden einen Fußballverein gründete und der mit einer Spendenaktion zigtausend Euro für krebskranke Kinder sammelte. Ein selbsternannter „Autodidakt“ und ein Naturtalent auf vielen Ebenen. Er muss der sein, den die Gruppe OK Kid meint, wenn sie singt: „Ich kann alles!“

Wer nicht zum Fußballgucken an die Mühlenstraße kommt, der kommt seinetwegen in die Kneipe. „Wahre Geschichte!“, schiebt er immer vorweg, dann haut er einen raus: „Das hier sind unsere Toiletten. Auf dem Frauenklo ist schon Nachwuchs entstanden. Beim 30. Geburtstag“. Das erzählt André so, als würden alle Kinder auf Toiletten in Fußballkneipen gezeugt werden. Es ist eine von vielen Anekdoten, die wir von ihm hören, irgendwo zwischen dem nackten Jimmy Hartwig, den er per FaceTime auf dem Handy hatte, und dem Grund, warum Marco Weißhaupt im Winter 1996 nicht zu Borussia Dortmund wechselte.   

Ulf Kirsten war schon in der Sportsbar Allstars – Zlatan beinahe

Den Rahmen für die Geschichten bildet eine Fußballkneipe, in der unzählige Autogrammkarten an den Wänden und zig Wimpel von der Decke hängen. Sechs Fernseher übertragen die Bundesliga und die Spiele im Europapokal. Die Sportsbar AllStars hat nur dann geöffnet, wenn Fußball läuft. Mit 70 Quadratmetern ist sie eher gemütlich als geräumig, 136 Menschen beim Champion-League-Spiel zwischen Liverpool und dem FC Bayern stellen bis heute den Peak dar. Der Rekordmeister ist der Lieblingsverein von André, „wenn Dortmund mal ein Tor schießt, mache ich die Fernseher auch schon mal aus“, sagt er. Das ist seine Interpretation der Egalität: „Ich behandle alle gleich scheiße“. Auch die Schmalzstulle gibt es laut Speisekarte nur, „wenn der Wirt Bock hat“. Allerdings gibt André auch jedem Gast die Hand, „egal, ob er weiß, wer ich bin“. Dazu gehörten auch schon Paul Breitner und Ulf Kirsten. Zlatan Ibrahimovic soll vor der Kneipe gestanden haben, als sie geschlossen war, wie André von einem Kunden erzählt wurde.

Der persönliche Kontakt war auch das Erfolgsgeheimnis während der Pandemie, als die Sportsbar zusätzlich als Test-Zentrum diente. „Bei mir gibt es für jeden was zum Naschen“, sagt André, „ich erkenne die Menschen auf der Straße wieder und rede mit ihnen“.

Die Pizzeria wird schräg gegenüber eröffnet

Seit der Coronazeit hat sich das Leben in der Bar geändert. Die Leute gehen nicht mehr so viel raus und bleiben lieber vor dem eigenen Fernseher. Dazu kommen die Rahmenbedingungen, die alle Fußballkneipen vor eine Herausforderung stellen: Um das komplette Angebot abzudecken, wurden aus einem TV-Abo inzwischen sieben.

In Kürze eröffnet André daher eine Pizzeria, schräg gegenüber von seiner Sportsbar. Eine Immobilie, auf die er fünf Jahre gewartet hat und von der es auch nur 400 Meter bis zum Meer sind. Die Gründe, aus denen man die Sportsbar AllStars besuchen sollte, beschränken sich nicht nur darauf. Die Kneipe lebt von ihrem Wirt. Das haben wir heute verstanden.

Anschrift: Sportsbar AllStars, Mühlenstraße 56, 18439 Stralsund

Internet: facebook.com/allstars.stralsund/

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