Wohnhaus Sepp Herberger, Berlin

Mit der Spiegelsiedlung und seinem Geburtshaus wird Sepp Herberger in der Rangliste der 99 Orte gewürdigt. Mehr als 600 Autokilometer entfernt findet man im Berliner Stadtteil Schöneberg eine weitere Fußball-Sehenswürdigkeit, die mit dem „Chef“ in Verbindung steht. In der Bülowstraße 89 weist eine Gedenktafel auf Sepp Herberger hin, hier lebte er von 1937 bis 1944 und stieg zum Reichstrainer auf. Zu einem besonderen Ort wird das Wohnhaus für die Verdienste, die Herberger während dieser Zeit außerhalb des Spielfeldes leistete.

Mehrere Nationalspieler fielen im Krieg

Für die Reichssportführung war der Kriegseinsatz austrainierter Sportler ein propagandistisches Mittel. Die Box-Legende Max Schmeling etwa verletzte sich bei seinem Einsatz als Fallschirmjäger bei der Luftlandeschlacht um Kreta. Auch Herberger musste zusehen, wie seine Nationalspieler nicht vom Fronteinsatz verschont blieben oder im Krieg fielen. Hugo Mantel von Eintracht Frankfurt starb 1942 an Fleckfieber, der Schalker Adolf Urban an einem Lungenschuss und einer Kopfverletzung. Der Hannoveraner Johannes Jakobs kam 1944 bei einem Aufklärungsflug ums Leben, August Klingler, nach Aussage von Herberger „eines der hoffnungsvollsten Talente im Fußballsport“, fiel 1944 an der Ostfront.

Hugo [Mantel] ist vielleicht der eleganteste Läufer gewesen, den Deutschland je besessen hat. (Er starb im Osten für Deutschlands Zukunft.)

Aus »Der lachende Fußball« von Richard Kirn aus dem Jahr 1943

Immer wieder versuchte Herberger, seine Nationalspieler vom Frontdienst zu entziehen, sie an sicherere Einsatzorte zu versetzen oder ihnen zumindest Sonderurlaube zu ermöglichen. So ließ er unter anderem Fritz Walter, Hertha-Legende Hans Appel oder die beiden Schalker Rudolf Gellesch und Hermann Eppenhoff in dem Film „Das große Spiel“ mitwirken. Insgesamt 19 Spieler forderte Sepp Herberger für den Propagandafilm rund um den fiktiven Kohlenpottverein FC Gloria Wupperbrück an und verhalf ihnen auf diese Weise zu einem wochenlangen Zusatzurlaub. Als Admira Wien 1942 zu drei Freundschaftsspielen in die Türkei reiste, drückte Herberger der Admira noch sieben Nationalspieler aufs Auge, um sie vom Militärdienst freizustellen.

Absender: Josef Herberger, Berlin W 35, Bülowstraße 89

Daneben waren es die Länderspiele, die für Privilegien bei den Nationalspielern sorgten, aber nur bis zum November 1942 ausgetragen wurden. Das 5:2 gegen die Slowakei war der letzte Auftritt der Nationalmannschaft für die kommenden acht Jahre. Herberger hatte nun einen anderen Plan, „die Kräfte der Nationalmannschaft zu erfassen und zu sammeln“. Er besuchte Hermann Graf, den hochdekorierten deutschen Jagdflieger. Graf gehörte selbst einmal zum Kreis der Nationalmannschaft und war nach wie vor ein großer Fußballfan.

11 Rote Jäger

In Rumänien hatte Hermann Graf eine Jagdgruppenmannschaft aufgebaut, in der er mitkickte. Jetzt sollte er beim Jagdgeschwader in Jever eine neue Mannschaft zusammenstellen und die Spieler auf diese Weise vom Frontdienst abziehen. Ganz einfach war dies nicht, denn die meisten Spieler waren keine Luftwaffensoldaten. So wurde Fritz Walter auf dem Papier kurzerhand zu Grafs Vetter, um eine Versetzung zu ermöglichen. Ende 1943 waren unter anderem mit Fritz Walter, dem Kölner Alfons Moog oder dem bereits erwähnten Hermann Eppenhoff mehrere Nationalspieler in Jever stationiert, die als die „Roten Jäger“ während des Zweiten Weltkrieges 21 Siege in 27 Spielen einfahren und dabei Mannschaften wie Eintracht Frankfurt, den Hamburger SV oder den 1. FC Nürnberg besiegen konnten.

Als die „Roten Jäger“ an die Ostfront versetzt wurden, lebte Sepp Herberger bereits nicht mehr in Berlin, sondern bei seinen Schwiegereltern in Weinheim. Als Herbergers Wohnhaus in der Bülowstraße am 29. Januar 1944 ausgebombt wurde, hielt sich der „Chef“ in Norwegen auf. Seine Frau weilte zu dieser Zeit bereits in Weinheim, da sich die Bombenangriffe auf Berlin im Jahr 1943 zunehmend häuften. Mit einer Militärmaschine flog Herberger von Norwegen nach Berlin, um via Telegramm seine Frau zu informieren:

Mit der Wohnung ist’s ein Unglück, aber alles ist zu überstehen, wenn wir nur beide gesund bleiben, stark sind und feste zusammenstehen.

In Weinheim-Hohensachsen erinnert noch vieles an Sepp Herberger. Hier findet man sein Grab, die Grundschule ist nach ihm benannt und auch das Stadion. In der Sepp-Herberger-Straße findet man auch noch das Wohnhaus mit den Initialen HS an der Gartentür. Wer in Berlin eine weitere Station Herbergers aufsuchen will, der findet eine weitere Gedenktafel in der Waldschulallee 34 im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Die Bronzetafel befindet sich im Inneren des Mommsenstadions zwischen zwei Fenstern unterhalb des linken Endes vom Tribünenblock.

Anschrift: Bülowstraße 89, 10783 Berlin

Wohnhaus Sepp Herberger, Berlin
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